Enterbung

Das deutsche Erbrecht erlaubt den Menschen, weitgehend nach ihrem Willen über ihr Erbe zu verfügen. Dazu gehört auch das Recht, einen nahen Verwandten zu enterben.

Wer von einer Enterbung hört, geht regelmäßig davon aus, dass der Betroffene nicht mehr am Erbe beteiligt. Das ist grundsätzlich auch richtig. Allerdings privilegiert das deutsche Recht einige Personengruppen und spricht ihnen auch bei einer Enterbung einen Pflichtteil zu. Der Pflichtteilsanspruch ist nur unter außergewöhnlichen Umständen ausgeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

1. Was heißt Enterbung?
2.Der Pflichtteilsanspruch bei der Enterbung
3. Enterben ohne Pflichtteilsanspruch - ist das möglich?
4. Pflichtteil und Enterbung beim Berliner Testament

Was heißt Enterbung?

Enterben heißt einen gesetzlichen Erben von der gesetzlichen Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen auszuschließen. Folgerichtig kann der Erblasser durch ein Testament einen Verwandten enterben. Dabei gibt es zwei testamentarische Möglichkeiten:

Mit einem Positiv-Testament im Sinne von § 1937 BGB bestimmt der Erblasser seine Erben. Dies führt unter Umständen dazu, dass andere Personen, die gesetzliche Erben wären, vom Erbe ausgeschlossen werden. Dabei erfolgt die Enterbung nicht ausdrücklich, sondern konkludent, weil neben den im Testament bestimmten Erben kein Platz mehr für die gesetzliche Erbfolge ist.

Mit einem Negativ-Testament im Sinne von § 1938 BGB schließt der Erblasser die gesetzlichen Erben vom Erbe aus, ohne einen anderen Erben zu bestimmen.

Die dritte rechtliche Möglichkeit, über eine letztwillige Verfügung einen gesetzlichen Erben zu enterben, ist eine einseitige Verfügung in einem Erbvertrag. Vorgesehen ist diese Möglichkeit in § 2299 BGB. Danach kann jeder Vertragschließende in einem Erbvertrag einseitig alle Verfügungen treffen, die auch in einem Testament möglich wären. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich hierbei um eine einseitige Verfügung in einem Erbvertrag handeln muss. Gemäß § 2278 Abs. 2 BGB ist die Enterbung als vertragsmäßige und damit zweiseitige Vereinbarung in einem Erbvertrag nicht möglich. Die Enterbung in einem Erbvertrag ergänzt als einseitige Verfügung des Erblassers die übrigen zweiseitig vereinbarten Vertragsbedingungen.

Von der Enterbung abzusetzen ist die Einsetzung eines Nacherben. Der Nacherbe wird nicht enterbt, weil er nicht von der Erbfolge an sich ausgeschlossen ist. Allerdings tritt bei ihm der Erbfall erst ein, wenn der Nacherbfall eintritt und der vom ursprünglichen Erblasser bestimmte Vorerbe verstirbt.

Der Pflichtteilsanspruch bei der Enterbung

Der Gesetzgeber sichert bestimmten nächsten Angehörigen des Erblassers mit dem Pflichtteilsanspruch eine gewisse Beteiligung am Nachlass zu. Damit wird die Testierfreiheit des Erblassers eingeschränkt. Privilegiert sind hier insbesondere Kinder des Erblassers und Ehegatten. § 2303 BGB definiert den Kreis der Pflichtteilsberechtigten. Abs. 1 der Vorschrift bezieht sich auf die Abkömmlinge des Erblassers. § 2303 Abs. 2 BGB auf die Eltern und Ehegatten des Erblassers. In ihnen sieht der Gesetzgeber die nächsten Verwandten von Erblassern, die er mit dem Pflichtteilsanspruch privilegieren möchte. § 2303 Abs. 1 BGB definiert auch die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Dem Pflichtteilsberechtigten steht jeweils die Hälfte des gesetzlichen Erbenanspruchs zu.

In diesem Zusammenhang ist auch § 2306 BGB zu beachten. Wer als Erbe und Pflichtteilsberechtigter durch bestimmte Verfügungen des Erblassers beschwert wird, kann ebenfalls den Pflichtteil verlangen und den eigentlichen Erbteil ausschlagen. Als Beschwerungen des Erbes im Sinne des Gesetzes kommen beispielsweise die Einsetzung eines Nacherben oder eine Teilungsanordnung in Betracht. Auch Vermächtnisse oder Auflagen können das Erbe beschweren und dem Pflichtteilsberechtigten Erben Rechte nach § 2306 BGB geben.

Enterben ohne Pflichtteilsanspruch - ist das möglich?

Pflichtteilsansprüche können das Erbe für einen Alleinerben oder eine Erbengemeinschaft erheblich belasten. Hier kommen Auszahlungspflichten zum Tragen, die zur Zerschlagung von Vermögenswerten führen können. Manche Erblasser fragen sich deshalb, ob sie den Pflichtteilsanspruch umgehen können. Der Gesetzgeber wertet die Mindestbeteiligung von Pflichtteilsberechtigten am Erbe als wichtige Ausgleichsregelung etwa für uneheliche Kinder. Deshalb gibt es nur wenige Möglichkeiten, nächste Angehörige ohne Belastung des Erbes durch den Pflichtteilsanspruch zu enterben.

2339 BGB regelt den Pflichtteilsentzug. Unter sehr eingeschränkten Bedingungen kann der Pflichtteil dem Pflichtteilsberechtigten entzogen sein. Die Entziehung kommt beispielsweise infrage, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein gravierend schuldhaftes Verhalten gegenüber dem Erblasser gezeigt hat. In Betracht kommen etwa ein Tötungsversuch oder strafbare Handlungen insbesondere im Umfeld der Errichtung einer letztwilligen Verfügung. Das Gesetz spricht in diesen Fällen von einer Erbunwürdigkeit des Pflichtteilsberechtigten.

Eine weitere Möglichkeit, den Pflichtteil beim Erbfall zu umgehen, ist die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts noch zu Lebzeiten des Erblassers. In der Regel erklärt der Pflichtteilsberechtigte hier den Verzicht oder teilweisen Verzicht auf den Pflichtteil gegen Zahlung einer entsprechenden Abfindung.

Manche Erblasser versuchen, durch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten Pflichtteilsansprüche zu verringern.

So verschenken sie einen Teil ihres Vermögens zu Lebzeiten. Ob dadurch eine Verringerung des Pflichtteilsanspruchs eintritt, muss in jedem Fall einzeln betrachtet werden. Hier kommen eventuell Pflichtteilsergänzungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten in Betracht. Pflichtteilsergänzungsansprüche sind bei sogenannten Ausstattungen nicht gegeben. Bei den Ausstattungen handelt es sich um Zuwendungen der Eltern an die Kinder beispielsweise zum Aufbau eines Gewerbebetriebes oder in Form einer Aussteuer.

Andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verringerung von Pflichtteilsansprüchen sind Verkäufe von Vermögenswerten gegen Leibrente oder Verlagerungen von Vermögen ins Ausland, wenn dort das deutsche Erbrecht nicht gilt.

Über die Wahl des Güterstands können die gesetzliche Erbquote und die Pflichtteilsquote beeinflusst werden. Die verschiedenen Güterstände führen zu unterschiedlichen Aufteilungen zwischen Kindern und Eltern.

Ebenso wird die Pflichtteilsquote beeinflusst, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten weitere Kinder adoptiert.

Pflichtteil und Enterbung beim Berliner Testament

Der Pflichtteil spielt beim Berliner Testament zwischen Eheleuten eine Rolle. Beim Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. Damit werden die Abkömmlinge je nach Gestaltung oft zunächst enterbt. Verstirbt einer der Ehegatten, erbt allein der Ehepartner. Die Kinder sind in diesem Fall zunächst auf ihren Pflichtteil beschränkt und werden erst umfassend berücksichtigt, wenn auch der zweite Ehepartner verstirbt. In den meisten Fällen verzichten Kinder in diesem Fall auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs und erben erst beim Tod des zweiten Ehepartners.

Mit einer Pflichtteilsstrafklausel kann die Entschlossenheit der Kinder gestärkt werden, zunächst den Pflichtteilsanspruch nicht geltend zu machen. Seinen Zweck erfüllen kann das Berliner Testament nicht, wenn der überlebende Ehegatte kein Elternteil der Abkömmlinge seines Ehepartners ist. Er könnte dann unter Umständen seinen eigenen leiblichen Abkömmlingen das gesamte Erbe zukommen lassen und die Kinder seines verstorbenen Ehepartners würden nicht erben. Hier gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, und es muss genau darauf geachtet werden, dass am Ende erreicht wird, was mit dieser speziellen letztwilligen Verfügung beabsichtigt wird.