Jeder, der zusammen mit anderen erbt, sei es durch gesetzliche Erbfolge oder Verfügung von Todes wegen, wird automatisch Mitglied einer Erbengemeinschaft. Also eine ganz alltägliche Konstellation in Familien mit Kindern und gleichzeitig eine, die sich als äußerst konfliktträchtig erweisen kann.
Mit der Entstehung der Erbengemeinschaft, den Rechten und Pflichten der beteiligten Miterben, ihren Fallstricken und schließlich ihrer Beendigung befassen sich die folgenden Ausführungen. Ihre gesetzliche Regelung findet die Erbengemeinschaft in den §§ 2032 ff. BGB. Dort ist bestimmt, dass der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Miterben wird, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt. Diese kurze trockene Gesetzesformulierung enthält bereits ausreichend Sprengstoff für langjährige unerquickliche Konflikte zwischen Miterben. Für Sie als Erblasser oder (potenzieller) Miterbe macht es insoweit Sinn, sich mit der Struktur der Erbengemeinschaft vertraut zu machen.
Inhaltsverzeichnis
1. Entstehung der Erbengemeinschaft
2. Verwaltung währen des Bestehens der Erbengemeinschaft
3. Die Beendigung der Erbengemeinschaft
4. Frühzeitiges Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft durch Verkauf oder Abschichtung
5. Schlussbemerkung
6. Sie möchten Ihren Erbteil verkaufen?
Entstehung der Erbengemeinschaft
Nach § 2032 Abs. 1 genügt die schlichte Tatsache, mehrere Erben zu hinterlassen, um rechtlich die Erbengemeinschaft zu begründen. Dies bedeutet, dass Sie als ein Erbe von mehreren zunächst einmal keine Wahl haben - Sie werden auch ungewollt Mitglied der Erbengemeinschaft. Das gesamte Erbe ist fortan gemeinschaftliches Vermögen der Miterben. Diese Ausprägung von Eigentumsverhältnissen wird als Gesamthandseigentum bezeichnet. D.h. jeder einzelne Gegenstand gehört allen gemeinschaftlich; ein Miterbe allein kann also nicht über einen einzelnen Nachlassgegenstand verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Entscheidungen müssen vielmehr stets gemeinsam getroffen werden. Möchte man diese Bindung unter allen Umständen vermeiden, kommt die Ausschlagung der Erbschaft in Betracht (vgl. dazu §§ 1942 ff. BGB). Das führt jedoch auch zum Verlust eines etwaigen Pflichtteilsanspruchs.
Verwaltung während des Bestehens der Erbengemeinschaft
Grundsätzlich ist Ziel der Miterben meist, die Erbengemeinschaft innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums zu beenden. Solange sie aber besteht, müssen regelmäßig Entscheidungen getroffen werden, z.B. über Mietverhältnisse, Durchführung von Reparaturen, eventuell Veräußerung einzelner Gegenstände u.ä.. Der Nachlass wird in dieser Zeit von den Miterben gemeinschaftlich verwaltet. Kernvorschrift für die gemeinschaftliche Verwaltung ist § 2038 BGB. Danach sind alle Miterben verpflichtet, an der ordnungsmäßigen Verwaltung mitzuwirken.
Durch Rückbezug auf die Vorschriften der §§ 743, 745, 746 und 748 BGB schafft der Gesetzgeber hier einige Präzisierungen. Insgesamt lassen die §§ 2038 ff. aber so viele Fragen offen, dass es eine extrem umfangreiche Rechtsprechung und Kommentierung (vgl. z.B. MüKoBGB/Gergen, 8. Aufl. 2020, BGB § 2038 Rn. 1-69) hierzu gibt, zumal der Begriff "Verwaltung" gesetzlich nicht definiert ist. Sollten Sie in diesem Bereich mit Einzelfragen konfrontiert sein, empfiehlt sich unbedingt die Hinzuziehung ausgewiesener Spezialisten.
Von der groben Struktur her lassen sich jedoch drei Facetten der Verwaltung unterscheiden: außerordentliche, ordnungsmäßige und notwendige Verwaltung. Hat eine Entscheidung weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen für den Nachlass, zählt sie zur außerordentlichen Verwaltung. Sie setzt dann zwingend Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung voraus. Unter ordnungsmäßiger Verwaltung sind die Vorgänge zu verstehen, die anfallen, um die einzelnen Nachlassgegenstände in ihrer Beschaffenheit zu erhalten, im normalen Sprachgebrauch ist das die laufende Verwaltung. Dafür benötigt man lediglich einen Mehrheitsbeschluss, z.B. Fortführung von Mietverhältnissen oder Zahlung von ausstehenden Rechnungen des Erblassers. Schließlich die notwendige Verwaltung, die Maßnahmen zur Abwendung von Schaden am Nachlass umfasst. Darunter fallen dringend erforderliche Reparaturen, die dann ein Miterbe auch allein veranlassen kann.
Die Beendigung der Erbengemeinschaft
In aller Regel ist den Miterben an einer zeitnahen Auflösung ihrer Zwangsgemeinschaft gelegen, so dass jeder Miterbe seinen Erbteil erhält und der Nachlass komplett abgewickelt ist. Idealerweise geschieht dies durch Konsens aller Miterben (= gemeinschaftliche Einigung). Wer dann letztlich was bekommt, spielt rechtlich keine Rolle, wenn sich nur alle einig sind. Ist dies nicht möglich, greifen die Vorschriften der §§ 2042 ff. BGB, die sich mit der Auseinandersetzung, also der Auflösung der Erbengemeinschaft, beschäftigen.
Eine weitere Möglichkeit der Erbauseinandersetzung besteht darin, den Nachlass als Ganzes zu verkaufen und den Erlös gemäß den gesetzlichen Erbteilen unter den Erben aufzuteilen. Dieses Vorgehen erfordert ebenfalls die Zustimmung jedes einzelnen Miterben.
Schließlich kann ein Miterbe auch alle anderen auszahlen. In dem Fall würde er dann als allein übrigbleibender Erbe den gesamten Nachlass erhalten. Das setzt entsprechende Liquidität voraus.
Gleich welcher Variante eine Erbengemeinschaft hier den Vorzug geben möchte, sie sind nur durchführbar, solange Einigkeit über das Verfahren und die schlussendliche Verteilung des Nachlasses gegeben sind. Stimmt auch nur ein Beteiligter nicht zu, scheitert daran die gesamte Auflösung der Erbengemeinschaft. Eine gerichtliche Klärung durch Auseinandersetzungsklage ist die Folge.
Im Rahmen der Auseinandersetzung sind zudem die in den §§ 2050 ff. BGB festgelegten Ausgleichungspflichten zu beachten. Sie besagen, dass Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel) des Erblassers, wenn sie zu Lebzeiten des Erblassers bestimmte Zuwendungen erhalten haben, sich diese auf ihren Erbteil anrechnen lassen müssen. Ausgleichungspflichten bestehen nur unter Abkömmlingen, etwaige andere Erben (Geschwister etc.) fallen nicht darunter.
Will der Erblasser den Nachlass längerfristig als Ganzes erhalten, hat er gem. § 2044 Abs. 1 S.1 BGB die Möglichkeit, die Auseinandersetzung praktisch zu unterbinden für einen maximalen Zeitraum von 30 Jahren (§ 2044 Abs. 2 BGB).
Frühzeitiges Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft durch Verkauf oder Abschichtung
Ein Miterbe darf zwar nicht über den gesamten Nachlass oder einzelne Gegenstände daran verfügen, jedoch gemäß § 2033 Abs. 1 BGB über "seinen" Erbteil. In der Praxis heißt das, er kann seinen Gesamtanteil am Erbe verkaufen - sei es an einen anderen Miterben, sei es an einen Dritten. Um die anderen Miterben dadurch nicht zu benachteiligen, erhalten diese gem. § 2034 Abs. 1 BGB im Gegenzug ein Vorkaufsrecht. Das müssen sie allerdings recht zügig ausüben, denn die Frist liegt nach § 2034 Abs. 2 BGB bei nur zwei Monaten. Dies auch mit Rücksicht auf einen Käufer außerhalb der Erbengemeinschaft, der das Nachsehen hat, wenn die Miterben ihr Vorkaufsrecht tatsächlich geltend machen. Die Erbengemeinschaft besteht bei einem Verkauf weiterhin, der Käufer wird zu ihrem Mitglied. Wird ein solcher Verkauf angestrebt, ist darauf zu achten, dass er gem. § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB notariell beurkundet werden muss.
Bei der gesetzlich nicht definierten und von der Rechtsprechung ( vgl. dazu BGH AZ: IV ZR 346/96 ) herausgebildeten Abschichtung verzichtet ein Miterbe, meist gegen Zahlung einer Abfindung, auf seine Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft. Damit wird sein Erbteil frei, den restlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft wächst dieser Anteil im Verhältnis ihrer Erbteile zu. Die Anwachsung ist in § 2094 Abs. 1BGB geregelt. Im Gegensatz zum Verkauf gem. § 2033 BGB ist eine notarielle Beurkundung bei der Abschichtung nicht erforderlich. Sie wird deswegen manchmal gewählt, um Notarkosten zu sparen, wenn z.B. Grundstücke zum Nachlass gehören. Dies setzt jedoch die finanziellen Mittel zur Auszahlung bei den Miterben voraus.
Schlussbemerkung
Die hier kurz dargestellten wesentlichen gesetzlichen Grundlagen der Erbengemeinschaft werden von Praxis und Rechtsprechung als unzureichend empfunden. Es hat sich in der Folge eine stark einzelfallgeprägte und schwer überschaubare Auslegungspraxis entwickelt. Sie sollten daher im Zweifel die Unterstützung erfahrener Erbrechtsexperten einholen.
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