Bestimmte, vom Gesetzgeber nicht gebilligte Verfehlungen gegenüber dem Erblasser können dazu führen, dass der Erbe sein Erbrecht verwirkt. Er wird erbunwürdig. Geregelt ist die Erbunwürdigkeit im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 2339 BGB ff. Erfahren Sie im Folgenden mehr zu diesem Thema und auch dazu, wie die Erbunwürdigkeit geltend gemacht wird.
Von ihrer Rechtsfolge her führt die Erbunwürdigkeit zum Verlust des Erbrechts. Dieser Erbrechtsverlust kann sowohl bei der gesetzlichen Erbfolge als auch bei gewillkürten, zum Beispiel durch ein Testament getroffenen Verfügungen zum Erbfall eintreten. Die Rechtsordnung will damit ausschließen, dass jemand Erbe wird, der beispielsweise den Erblasser getötet hat oder eine solche Tat versucht hat. Allerdings lässt der Gesetzgeber einen Erben beim Vorliegen entsprechender Tatbestände nicht per se seine Erbwürdigkeit verlieren und erbunwürdig werden. Er macht den Verlust des Erbrechts von der Geltendmachung der Erbunwürdigkeit durch die Anfechtung eines Anfechtungsberechtigten abhängig. Diese Art der Regelung lässt sich aus der Systematik des Erbrechts heraus verstehen. Der Gesetzgeber überlässt den Erbfall weitestgehend der Autonomie von Erblasser und Erben. Er wird nicht von Amts wegen jeden Erben auf seine Erbwürdigkeit prüfen.
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist die Erbunwürdigkeit?
2. Wie wird ein Erbe konkret erbunwürdig?
3. Wer kann durch Anfechtung geltend machen, dass ein Erbe unwürdig ist?
4. Wie erfolgt die Anfechtung bei einer Erbunwürdigkeit?
5. Weitere Unwürdigkeiten im Zusammengang mit einem Erbfall
Was ist die Erbunwürdigkeit?
Geregelt sind die 4 möglichen Gründe für den Eintritt der Erbunwürdigkeit in § 2339 Abs. 1 Nr.1-4 BGB.
Danach ist erbunwürdig,
- wer den Erblasser schuldhaft getötet hat oder zu töten versucht hat, beziehungsweise beim Erblasser einen Zustand herbeigeführt hat, der diesen bis zum Tod an der Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen gehindert hat.
- wer den Erblasser schuldhaft an der Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen gehindert hat.
- wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung zur Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen gebracht hat.
- wer sich im Zusammenhang mit einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen bestimmter Straftaten schuldig gemacht hat,
die in den §§ 267, 271-274 StGB geregelt sind. Dabei handelt es sich um die Straftatbestände der Urkundenfälschung, der mittelbaren Falschbeurkundung, des Veränderns von amtlichen Ausweisen und der Urkundenunterdrückung. Man spricht auch von den klassischen strafrechtlichen Urkundsdelikten in diesem Zusammenhang. In praktischer Hinsicht ist hier wichtig, dass
auch Manipulationen im Zusammenhang mit der Erteilung eines Erbscheins begründen können, dass ein Erbe nach § 2339
Abs. 1 Nr. 4 BGB erbunwürdig ist. Es geht hier nicht nur um Fälschungen und Veränderungen an letztwilligen Verfügungen wie Testamenten.
2339 Abs. 2 BGB nimmt verschiedene Sachverhalte von der Erbunwürdigkeit aus. Hiernach wird nicht erbunwürdig in den Fällen von § 2339 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB, wenn die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser gebracht wurde oder auf die sich die Straftat richtete, unwirksam geworden ist oder im Falle der arglistigen Täuschung sowie widerrechtlichen Drohung unwirksam geworden sein würde.
Die Erbunwürdigkeit nach § 2339 BGB führt nicht selbstständig zum Verlust des Erbes. Sie bildet vielmehr die Grundlage für eine Anfechtung der Erbanwartschaft nach § 2340 BGB durch einen Anfechtungsberechtigten.
Wie wird ein Erbe konkret erbunwürdig?
Die Voraussetzung für den Verlust der Erbwürdigkeit ist eine Anfechtung der Erbanwartschaft durch einen Anfechtungsberechtigten. Geregelt ist das in § 2340 BGB in 3 Absätzen. Hier legt die Vorschrift die Grundlagen für eine Anfechtung fest. Nach § 2340 Abs. 2 BGB kann die Anfechtung erst nach dem Anfall der Erbschaft erfolgen. Gegenüber einem Nacherben ist sie zulässig, wenn die Erbschaft dem Vorerben angefallen ist. In § 2340 Abs. 3 BGB wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anfechtung innerhalb bestimmter Fristen erfolgen muss. Diese Vorschrift verweist dabei auf § 2082 BGB und die dort festgelegten Zeiträume und Grundsätze.
Gemäß § 2082 Abs.1 BGB kann die Anfechtung nur innerhalb eines Jahres erfolgen. Dabei beginnt die Frist zu laufen, sobald der Anfechtungsberechtigte zuverlässig von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Zu beachten sind nach Absatz 2 der Vorschrift bestimmte Ablaufhemmungen gemäß den § § 206, 210 und 211 BGB.
Nach § 2082 Abs. 3 BGB ist die Anfechtung dann ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfall bereits 30 Jahre vergangen sind.
Der Anfechtung entgegenstehen kann § 2343 BGB. Danach wird eine Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen vor Eintritt des Erbfalls bereits verziehen hatte. Ein solcher Ausschluss der Anfechtung kann Gegenstand einer Beweisaufnahme bei einer Anfechtungsklage sein. Der Beklagte Erbe wendet die Vergebung durch den Erblasser dabei gegenüber der Klage des Anfechtungsberechtigten ein.
Wer kann durch Anfechtung geltend machen, dass ein Erbe erbunwürdig ist?
Die Anfechtungsberechtigung ergibt sich aus § 2341 BGB. Danach ist jeder anfechtungsberechtigt, der einen Vorteil daraus erlangen würde, dass der Erbunwürdige aus der Erbfolge ausscheidet.
Daraus folgt, dass bestimmte Personen im Umfeld des Erbfalles nicht anfechtungsberechtigt sind:
- Vermächtnisnehmer
- Begünstigte bestimmter Auflagen etwa in einem Testament
- Gläubiger eines dem erbunwürdigen Erben nachfolgenden Erben
dürfen die Erbanwartschaft nicht wegen Erbunwürdigkeit anfechten. Sind mehrere Personen dazu berechtigt, die Erbunwürdigkeit mit einer Anfechtung geltend zu machen, darf jeder von ihnen sein Anfechtungsrecht einzeln ausüben. Das Recht zur Anfechtung kann vererbt werden und geht beim Tod eines Anfechtungsberechtigten auf dessen Erben über.
Wie erfolgt die Anfechtung bei einer Erbunwürdigkeit?
Wer als Anfechtungsberechtigter geltend machen möchte, dass ein Erbe erbunwürdig ist, muss eine Anfechtungsklage fristgemäß erheben. Erst, wenn der Anfechtungsklage durch rechtskräftiges Urteil stattgegeben wird, tritt die Wirkung der Anfechtung ein. Gesetzlich geregelt ist die Anfechtungsklage in § 2342 BGB. Aus juristischer Sicht handelt es sich um eine sogenannte Gestaltungsklage. Der Kläger macht mit dieser Klage geltend, eine bestimmte Person für erbunwürdig zu erklären.
Die Rechtsfolgen der Anfechtungsklage
Wenn das Gericht der Anfechtungsklage stattgibt, erklärt es den beklagten Erben für erbunwürdig. Gemäß § 2344 Abs. 1 BGB ist mit dieser Erklärung der Erbfall nicht angefallen. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift fällt die Erbschaft jetzt bei demjenigen an, der Erben würde, wenn es die erbunwürdige Person beim Erbfall nicht gegeben hätte. Man spricht dabei auch vom nächstfolgenden Erben. Der Erbanfall bei dem nächstfolgenden Erben gilt dabei bereits zum Eintritt des Erbfalls als erfolgt.
Weitere Unwürdigkeiten im Zusammenhang mit einem Erbfall
Das Gesetz kennt nicht nur die Erbunwürdigkeit. Hier sind auch die Vermächtnisunwürdigkeit und die Pflichtteilsunwürdigkeit interessant. § 2345 BGB verweist dazu insbesondere auf § 2339 Abs. 1 BGB sowie auf die Vorschriften der §§ 2082, 2083, 2339 Abs. 2 und §§ 2341 sowie 2343 BGB. Grundsätzlich können durch diese Verweise die Verfehlungen im Sinne von § 2339 Abs.1 Nr.1-4 BGB auch eine Anfechtung wegen einer Vermächtnisunwürdigkeit und einer Pflichtteilsunwürdigkeit begründen.