Pflichtteils-strafklausel

Die Pflichtteilsstrafklausel ist eine Gestaltungsmöglichkeit im Erbrecht, die Erben einen Anreiz zur Einhaltung von bestimmten erbrechtlichen Verfügungen bieten soll.

Insbesondere bei Berliner Testamenten, bei denen sich Ehegatten bis zum Tod des letzten verbliebenen Ehepartners gegenseitig zu Erben einsetzen, müssen die anderen Erben zunächst auf ihr Erbe verzichten und den Tod des Letztversterbenden abwarten. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie sich an die erbrechtlichen Verfügungen des Erblassers halten und ihren Pflichtteil bei seinem Tod (noch) nicht geltend machen. Um die Bereitschaft zur Einhaltung der Verfügungen im Berliner Testament zu erhöhen, wird häufig eine Pflichtteilsstrafklausel mit in das Testament aufgenommen. Die Klausel sieht negative rechtliche und vor allem wirtschaftliche Folgen wie die Beschränkung auf den Pflichtteil in der gesamten Erbschaftsangelegenheit vor. Pflichtteilsstrafklauseln haben eine hohe praktische Bedeutung. Bei ihrer Formulierung sollten Sie auf einige wichtige Punkte achten.

Inhaltsverzeichnis

1. Pflichtteil und Pflichtteilsstrafklausel
2. Der Zweck von Pflichtteilsstrafklauseln
3. Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bei der Pflichtteilsstrafklausel
4. Fazit

Pflichtteil und Pflichtteilsstrafklausel

Gemäß § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) haben Abkömmlinge des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch, wenn sie durch eine Verfügung von Todes wegen (zum Beispiel durch ein Testament) von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Der Höhe nach bemisst sich der Pflichtteil auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Grundsätzlich ist der Pflichtteilsanspruch auf eine Geldzahlung gerichtet. Daraus folgt, dass es häufig zu einer Teilzerschlagung des Erbes kommen muss, wenn ein Pflichtteilsberechtigter ausgezahlt wird. Das ist in vielen Fällen nicht im Interesse des Erblassers, der an der Erhaltung des Vermögens Interesse hat. Besonders relevant sind diese Fragen, wenn beispielsweise Grundstückseigentum in großem Umfange vererbt wird. Auch, wenn zum Erbe ein Unternehmen gehört, haben Erblasser regelmäßig wenig Freude daran, das Erbe zerschlagen zu müssen. Darüber hinaus ist bereits die Wertermittlung für das Erbe zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs eine komplizierte Angelegenheit.

Der Pflichtteilsanspruch spielt nicht nur eine Rolle, wenn ein Erbe grundsätzlich von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Auch, wenn sich Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzen wie das in einem Berliner Testament der Fall ist, sind die weiteren Erben zunächst von der Erbfolge ausgeschlossen. Das Berliner Testament zielt darauf ab, dass zunächst der verbleibende Ehepartner erbt, und erst nach dessen Tod die weitere Verteilung des Erbes auf die anderen Erben erfolgt. Berliner Testamente ersparen dem zunächst verbleibenden Ehepartner nach dem Tod des ersten Erblassers langwierige Vermögensauseinandersetzungen und können Ehepaare und Familien dabei unterstützen, das Vermögen insgesamt für die späteren Erben zu erhalten. Allerdings sind nicht immer sämtliche Erben über eine solche Gestaltung erfreut. Sie müssen zunächst auf ihr Erbe verzichten, um dann erst später in den Genuss eines potenziell höheren Erbes zu kommen.

Der Zweck von Pflichtteilsstrafklauseln

Gerade in Familien, in denen etwa der Erblasser ein zweites Mal geheiratet hat und Kinder aus erster Ehe hat, versuchen nicht selten die Kinder, die Vermögensverfügungen aus einem Berliner Testament zu unterlaufen. Sie könnten das tun, wenn sie den ihnen zustehenden Pflichtteil bereits beim Tod des ersten Erblassers einfordern. Sie haben das Recht, den Pflichtteil geltend zu machen, der nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann. Mit der Einforderung des Pflichtteils würden Verfügungen, die Ehepartner untereinander in gegenseitigem Interesse treffen, regelmäßig unterlaufen werden. Deshalb entstand die Idee einer Pflichtteilsstrafklausel. Sie ist gesetzlich nicht geregelt, aber in der zivilrechtlichen Rechtsprechung als mögliche erbrechtliche Gestaltung anerkannt.

Mit Pflichtteilsstrafklauseln wird im Berliner Testament geregelt, dass Erben, die bereits beim ersten Erbfall ihren Pflichtteil geltend machen, beim Tod des zweiten Erblassers nur den Pflichtteil erhalten. Es handelt sich im rechtlichen Sinne um eine Enterbung. Selbst, wenn das Erbe beim Tod des zweiten Erblassers deutlich höher ausfallen würde als der Pflichtteil, erhalten die betroffenen Pflichtteilsberechtigten nur den gesetzlich geregelten Anteil. Die Pflichtteilsstrafklausel verfolgt den Zweck, die frühe Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Damit wird nicht nur der überlebende Ehepartner von der Notwendigkeit komplizierter Berechnungen und möglicher Vermögensteilungen befreit, sondern auch die Interessen der anderen Erben geschützt.

Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bei der Pflichtteilsstrafklausel

Pflichtteilsstrafklauseln unterscheiden sich in der Formulierung scheinbar marginal, die Unterschiede können aber inhaltlich von entscheidender Bedeutung sein. Zum einen kommt es darauf an, welches Verhalten die Klausel sanktionieren möchte.

Beispielsweise kann die Strafklausel bereits dann ansetzen, wenn ein Erbe und Pflichtteilsberechtigter den Wert des Erbes zur Berechnung seines Pflichtteils ermitteln lässt.

In den meisten Fällen zielt allerdings die Pflichtteilsstrafklausel ihrer Formulierung nach auf dem Moment ab, in dem der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch geltend macht. Wichtig ist es, dass in die Klausel eine spezielle Formulierung aufgenommen wird: Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs muss gegen den Willen des überlebenden Ehegatten geltend gemacht werden. Möglicherweise ist der verbleibende Ehegatte zu einem bestimmten Zeitpunkt damit einverstanden, den Pflichtteilsanspruch zu befriedigen. Dabei können zu Beispiel steuerliche Motive eine Rolle spielen.

Die herrschende Meinung in der Rechtspraxis sieht eine verschärfte Pflichtteilsstrafklausel als zulässig an. Mit der sogenannten Jastrowschen Formel wird der Pflichtteilsberechtigte, der aus der Sicht des ersten Erblassers vorzeitig seinen Pflichtteilsanspruch geltend macht, nicht nur enterbt. Der Erblasser legt in seiner letztwilligen Verfügung zusätzlich fest, dass die anderen Erben, die zunächst auf ihren Pflichtteil verzichten, später Vermächtnisse in Höhe ihres gesetzlichen Erbteiles und darüber hinaus erhalten. Durch diese gestundeten Vorausvermächtnisse wird der Pflichtteil nach dem letztversterbenden Ehepartner geschmälert. Die Jastrowsche Formel hält damit für die zurückhaltenden Erben, die erst mit dem Tod des letztversterbenden ihren Anspruch geltend machen, eine zusätzliche Belohnung bereit.

Fazit

Pflichtteilstrafklauseln sind in der Praxis häufig angewandte Ergänzungen besonders in Berliner Testamenten. Es hängt aber von den jeweiligen Umständen des einzelnen Falls ab, ob sich Erben von den Wirkungen der Klausel abschrecken lassen oder nicht. Die Pflichtteilsstrafklausel kann die Geltendmachung des Pflichtteils nicht verhindern. Sie soll lediglich eine abschreckende Wirkung haben, weil sie für den Pflichtteilsberechtigten bei der vorzeitigen Geltendmachung wirtschaftliche Nachteile in Aussicht stellt.