Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen einem Erblasser und einer oder mehreren anderen Personen (meist künftigen Erben). Er ermöglicht eine frühzeitige und rechtssichere Regelung des Nachlasses. Anders als ein Testament kann ein Erbvertrag nicht einseitig widerrufen werden. Damit entfaltet er eine hohe Bindungswirkung und schafft Planungssicherheit für alle Beteiligten.

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist ein Erbvertrag?
2. Formvorschriften: Wie wird ein Erbvertrag erstellt?
3. Was kostet die Erstellung eines Erbvertrags?
4. Kann ein Erbvertrag geändert oder aufgelöst werden?
5. Unterschied Erbvertrag und Testament
6. Vorteile Erbvertrag
7. Nachteile Erbvertrag
8. Häufige Fragen
9. Zusammenfassung

Was ist ein Erbvertrag?

Ein Erbvertrag ist eine Verfügung von Todes wegen (§ 1941 BGB). Der Erblasser legt darin verbindlich fest, was nach seinem Tod mit seinem Vermögen geschehen soll. Ähnlich wie im Testament kann der Erblasser:

  • Erben einsetzen,
  • Bedingungen für die Erbfolge festlegen,
  • oder das anzuwendende Erbrecht wählen.

Besonders praxisnah ist, dass ein Erbvertrag auch gegenseitige Verpflichtungen enthalten kann. So kann der Erbe beispielsweise zur Pflege des Erblassers verpflichtet werden oder andere Gegenleistungen erbringen. Durch den Erbvertrag können zudem Dritte (z. B. Kinder, Lebenspartner, Geschäftspartner) begünstigt werden. Ein Erbvertrag kann sowohl als einseitiger Erbvertrag als auch als gegenseitiger Erbvertrag geschlossen werden. Bei einem einseitigen Erbvertrag trifft nur eine der Personen bindende Verfügung im Todesfall. Bei einem gegenseitigen Erbvertrag treffen mindestens zwei Vertragspartner bindende Verfügungen für den Todesfall.

Formvorschriften: Wie wird ein Erbvertrag erstellt?

Ein Erbvertrag muss notariell beurkundet werden (§ 2276 BGB).

Das bedeutet:

  • Beide Vertragsparteien müssen gleichzeitig vor dem Notar erscheinen.
  • Eine Vertretung des Erblassers durch Dritte ist ausgeschlossen, da der Erbvertrag ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft ist. Der Vertragspartner kann sich jedoch vertreten lassen.
  • Der Notar erläutert die rechtlichen Folgen und stellt sicher, dass der Vertrag dem Willen aller Beteiligten entspricht.

Ein Erbvertrag kann sowohl von Ehepartnern, nichtehelichen Lebenspartnern als auch von Dritten (z. B. einem Kind und einem Elternteil) geschlossen werden.

Was kostet die Erstellung eines Erbvertrags?

Die Kosten eines Erbvertrags richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und hängen vom Nachlasswert ab.

Der Geschäftswert ergibt sich aus dem Vermögen abzüglich der Verbindlichkeiten.

Die aus der Tabelle B der Anlage 2 des GNotKG ermittelte Gebühr wird verdoppelt.

Beispielrechnung:

  • Geschäftswert: 250.000 €
  • Einfache Gebühr laut GNotKG: 535 €
  • Verdoppelte Gebühr: 2 × 535 € = 1.070 €

Zusätzlich fällt für die amtliche Verwahrung gemäß § 34 Abs. 2 BeurkG eine Gerichtsgebühr von 75 € an.

Wird der Vertrag durch einen Fachanwalt für Erbrecht erstellt, kommen außerdem noch die Anwaltskosten dazu. Diese richten sich nach der vereinbarten Vergütungsart.

Kann ein Erbvertrag geändert oder aufgelöst werden?

Ein Erbvertrag ist verbindlich und kann nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder aufgehoben werden.
Der Grundsatz lautet: „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten.

Änderung oder Auflösung

  • Nur mit Zustimmung aller Vertragspartner möglich.
  • Nach dem Tod eines Vertragspartners ist eine Änderung nicht mehr zulässig.
  • Änderungen müssen wiederum notariell beurkundet werden.

Rücktritt vom Erbvertrag

Ein Rücktritt ist nur in gesetzlich geregelten Fällen möglich (§§ 2293 ff. BGB):

  • Wenn ein Rücktrittsrecht vertraglich vereinbart wurde (§ 2293 BGB)
  • Wenn der Begünstigte eine schwere Verfehlung begeht (§ 2294 BGB)
  • Wenn eine vereinbarte Gegenleistung entfällt (§ 2295 BGB)

Auch der Rücktritt vom Erbvertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

Anfechtung eines Erbvertrags

Ein Erbvertrag kann auch angefochten werden, wenn bestimmte Anfechtungsgründe vorliegen (§§ 2078 ff. BGB).
Mögliche Gründe sind:

  • Erklärungs- oder Inhaltsirrtum
    Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn der Erblasser bei Vertragsschluss eine Erklärung abgibt, die er so nicht abgeben wollte, weil er sich beispielsweise versprochen hat. Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn sich der Erblasser über den erklärten Inhalt täuscht.
  • Motivirrtum
    Ein Motivirrtum liegt vor, wenn der Erblasser die Verfügungen aufgrund von Beweggründen getroffen hat, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
  • Arglistige Täuschung oder Drohung
    Der Vertrag ist durch arglistige Täuschung oder Drohung zustande gekommen.
  • Nichtberücksichtigung eines Pflichtteilsberechtigten
    Ein Pflichtteilsberechtigter war dem Erblasser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannt oder noch nicht geboren.
  • Sittenwidrigkeit
    Der Erbvertrag ist sittenwidrig, wenn er gegen die guten Sitten verstößt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Zwangslage ausgenutzt wird.
  • Erbunwürdigkeit
    Hat sich der Begünstigte einer schweren Verfehlung gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht, ist er Erbunwürdig.

Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrunds durch den Erblasser oder Dritte, die von einer erfolgreichen Anfechtung profitieren würden, erfolgen und notariell erklärt werden.

Unterschied Erbvertrag und Testament

Merkmal Erbvertrag Testament
Form Notarielle Burukundung zwingend erforderlich Eigenhändig oder notariell
Bindungswirkung Verbindlich, keine einseitige Änderung möglich Jederzeit widerrifbar
Gegenseitige Verpflichtungen Möglich Nicht möglich
Typischer Anwendungsfall Paare ohne Ehe, Unternehmensnachfolge Einzelpersonen

Ein Erbvertrag bietet also eine größere Rechtssicherheit, während ein Testament mehr Flexibilität erlaubt.

Vorteile Erbvertrag

Rechtliche Verbindlichkeit:

Sowohl Erblasser als auch Begünstigte sind an die Vereinbarungen gebunden.

Planungssicherheit:

Der Nachlass ist langfristig geregelt und bietet Schutz vor späteren Änderungen.

Bedingungen und Gegenleistungen:

Die Erbschaft kann an Leistungen, etwa Pflege oder Betreuung, geknüpft werden.

Alternative zum Ehegattentestament:

Für nicht verheiratete Paare oder Lebensgemeinschaften eine attraktive Lösung.

Sicherung der Unternehmensnachfolge:

Ein Erbvertrag eignet sich ideal, um die Nachfolge im Familienunternehmen rechtssicher zu gestalten.

Nachteile Erbvertrag

Schwierige Auflösung:

Nach der Beurkundung ist der Vertrag nur mit Zustimmung aller Beteiligten auflösbar.

Kosten und Aufwand:

Änderungen erfordern eine neue notarielle Beurkundung.

Geringe Flexibilität:

Einmal geschlossen, lässt sich der Vertrag nur schwer an veränderte Lebenssituationen anpassen.

Häufige Fragen

Verhindern Erbverträge Pflichtteilsansprüche?

Nein. Pflichtteilsberechtigte (z. B. Kinder oder Ehepartner) behalten ihren gesetzlichen Anspruch.

Wann ist ein Erbvertrag sinnvoll?

Ein Erbvertrag lohnt sich insbesondere für:

-Unverheiratete Paare, die sich gegenseitig absichern möchten

-Unternehmer, die ihre Nachfolge rechtzeitig regeln wollen

-Pflegevereinbarungen, bei denen der Begünstigte Leistungen zu Lebzeiten erbringt

Kann ein Erbvertrag widerrufen werden?

Nein, ein einseitiger Widerruf ist nicht möglich. Nur ein Rücktritt oder eine einvernehmliche Änderung sind zulässig.

Kann ich einen Erbvertag selbst aufsetzen?

Ja, Sie können einen Entwurf selbst verfassen. Gültig wird der Erbvertrag jedoch erst durch notarielle Beurkundung.

Wird ein Erbvertrag durch Scheidung unwirksam?

Nicht immer wird ein Erbvertag durch eine Scheidung unwirksam Es kommt auf die jeweiligen Umstände an und ob der Erbvertrag in Zusammenhang mit der Eheschließung zu sehen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Erbvertrag nach der Eheschließung erfolgt ist. Um auf der sicheren Seite zu sein, kann jedoch eine Klausel aufgenommen werden, die eine Unwirksamkeit des Erbvertrages im Falle einer Scheidung anordnet.

Zusammenfassung

Ein Erbvertrag bietet eine rechtssichere und verbindliche Möglichkeit, den Nachlass nach individuellen Wünschen zu regeln. Durch die notarielle Beurkundung wird die Vereinbarung rechtlich abgesichert und bietet Planungssicherheit für alle Beteiligten.