Wer erbt, erbt nicht nur das Vermögen, sondern auch die Verbindlichkeiten, also Schulden, des Erblassers. Übersteigen die Schulden das Vermögen haftet der Erbe dafür mit seinem privaten Vermögen. Um nicht automatisch das Erbe anzunehmen, müssen Sie das Erbe aktiv ausschlagen, egal ob Sie durch Testament, Erbvertrag oder der gesetzlichen Erbfolge Erbe geworden sind. Hier erfahren Sie mehr zur Erbausschlagung.
Inhaltsverzeichnis
1. Deshalb sollten Sie das Erbe ausschlagen
2. So schlagen Sie die Erbschaft aus
3. Die 6-Wochen-Frist
4. Folgen der Erbausschlagung
5. Anfechtung der Ausschlagung
6. Alternativen zur Erbausschlagung
7. Häufige Fragen
8. Fazit
Deshalb sollten Sie das Erbe ausschlagen
Der häufigste Grund für eine Erbausschlagung stellt die Überschuldung des Nachlasses dar. Aber auch private Gründe können ausschlaggebend sein. So kann es vorkommen das ein Erbe im Ausland wohnt und kein Interesse an der Verwaltung des Nachlasses hat. Auch kann es sein, dass in die Jahre gekommene Immobilien vererbt werden, in die erst einiges an Zeit und Geld investiert werden müsste, bevor diese rentabel sind.
Bevor Sie die Erbschaft ausschlagen, sollten sie sich eine Übersicht über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die der Nachlass umfasst verschaffen.
Ach kann es sinnvoll sein, die Erbschaft auszuschlagen, wenn Sie selbst verschuldet oder insolvent sind. Durch die Ausschlagung bleibt das Erbe im Besitz der Familie und wird nicht durch den Insolvenzverwalter verwertet. Allerdings kann in einem solchen Fall die Annahme des Erbes auch dafür sorgen, dass ihre finanziellen Belastungen sinken.
So schlagen Sie die Erbschaft aus
Die Erbschaft muss aktiv ausgeschlagen werden. Wer die Erbschaft nicht ausschlägt, wird Erbe. Beachten Sie: Ein einfaches Schreiben an das Gericht reicht nicht aus, um die Erbschaft wirksam auszuschlagen.
Die Erbausschlagung kann beim Nachlassgericht in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte oder beim Amtsgericht, in dem Sie ihren Wohnsitz haben, erfolgen. Die Ausschlagung muss persönlich vor Ort geklärt werden. Hierfür wird eine Gerichtsgebühr nach Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (GNotKG) fällig. Diese richtet sich nach der Höhe des Nachlasses. Die Mindestgebühr beträgt hierbei 30 €. Bei einer Erbschaftshöhe von bspw. 50.000 € wird eine Gebühr in Höhe von 165 € fällig. Ist der Nachlass überschuldet beträgt die Gebühr 30 €
Alternativ können Sie die Ausschlagung auch mit der Hilfe eines Notares erklären. Dieser kann entweder die Unterschrift einer von Ihnen selbst verfassten Ausschlagungserklärung beurkunden oder eine Ausschlagungserklärung für Sie aufsetzen. Im ersteren Fall beträgt die Gebühr meist zwischen 20 und 30 €. Sollte der Notar eine Ausschlagungserklärung aufsetzen fallen ebenfalls Kosten nach GNotKG an. Diese Erklärung muss fristgerecht beim Nachlassgericht eingehen. Sollten Sie sich im Ausland befinden, kann die Ausschlagung mit Hilfe einer deutschen Auslandsvertretung erfolgen.
Generell gilt: Das Erbe kann jedoch nur ausgeschlagen werden, wenn es noch nicht ausdrücklich angenommen worden ist. Dies kann zum Beispiel durch die Beantragung eines Erbscheins erfolgen.
Diese Unterlagen werden benötigt:
Folgende Unterlagen benötigen Sie, um das Erbe beim Nachlassgericht auszuschlagen:
- Personalausweis oder Reisepass mit Meldebscheinigung
- Sterbeurkunde oder vollständiger Name (inklusive Geburtsname), Sterbedatum und den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort der verstorbenen Person
Besonderheiten ergeben sich, wenn es minderjährige Miterben gibt. Unter Umständen ist hier eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Diese Genehmigung muss innerhalb der Ausschlagungsfrist bei dem zuständigen Nachlassgericht nachgewiesen werden.
Sollte ein gesetzlicher Betreuer das Erbe für die von ihm betreute Person ausschlagen, so ist eine Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich. Die Genehmigung muss innerhalb der Frist bei dem Nachlassgericht vorliegen.
Die 6-Wochen-Frist
Für die Ausschlagung des Erbes steht dem Erben nur eine kurze Zeitspanne zur Verfügung. Das Erbe muss innerhalb einer 6-Wochen-Frist ausgeschlagen werden. Die Frist beginnt normalerweise ab de Zeitpunkt zu laufen, in dem Sie von der Erbschaft erfahren. Sollte kein Testament vorliegen, beginnt die Frist schon zu laufen, sobald Sie von Tod des Erblassers erfahren. Diese Frist beträgt gem. § 1944 Abs.3 BGB 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat. Dies gilt auch wenn sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat.
Folgen der Erbausschlagung
Im Falle der Erbausschlagung geht die Erbschaft auf die nächste Person in der Erbfolge über. Wer das ist, bestimmt sich dem letzten Willen des Verstorbenen oder nach der gesetzlichen Erbfolge. Sollten Sie Kinder haben, treten diese an Ihre Stelle. Für minderjährige Kinder müssen die gesetzlichen Vertreter die Erbschaft stellvertretend für die Kinder ausschlagen.
Wenn alle Erben ausschlagen, wird der Staat Erbe. Das Vermögen fließt dem Fiskus zu. Hierbei kommt der Staat jedoch nicht für die Verbindlichkeiten des Nachlasses auf.
Haben Sie das Erbe ausgeschlagen gehen weder Rechte noch Pflichten des Erblassers auf Sie über. Sie stehen somit nicht für die Verbindlichkeiten des Erblassers ein, zeitgleich verzichten Sie damit aber auch auf Ihren Pflichtteil. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn der Erbe durch das Testament beschwert wird. Dies kann beispielsweise durch Vermächtnis oder Auflage, dem Einsetzen eines Nacherben oder einem Testamentsvollstrecker geschehen. In solchen Fällen kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil geltend machen.
Anfechtung der Ausschlagung
Ein Widerruf der Ausschlagung ist nicht möglich. Jedoch kann die Erbausschlagung unter Umständen angefochten werden, wenn bislang unbekannte Vermögenswerte auftreten und das Erbe aufgrund von Überschuldung ausgeschlagen wurde. Dies ergibt sich aus § 1954 BGB Die Anfechtung kann innerhalb von 6 Wochen ab Kenntnis der unbekannten Vermögenswerte erfolgen und muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.
Auch kann die Annahme eines Erbes nachträglich angefochten werden und somit noch eine nachträgliche Erbausschlagung stattfinden.
Alternativen zur Erbausschlagung
Die Erbausschlagung ist ein sehr drastischer Schritt. Aufgrund der kurzen Ausschlagungsfrist kann es hierbei zu voreiligen Entscheidungen kommen. Stellt man nach Ablauf der Frist fest, dass der Nachlass potenziell überschuldet ist, kann man die persönliche Haftung beschränken. Durch diese Haftungsbeschränkung werden der Nachlass und das Vermögen des Erben getrennt. Die Nachlassverbindlichkeiten werden einzig aus dem Nachlassvermögen gezahlt und der Erbe haftet nicht mehr mit seinem Privatvermögen.
Nachlassverwaltung
- Bei unübersichtlichen Nachlässen
- Gericht bestellt Nachlassverwalter
- Führt zur Haftungsbeschränkung
- Kosten werden aus dem Nachlass bezahlt, ist Nachlass zu gering trägt der Staat die Kosten
- Überschüssiges Vermögen wird ausgezahlt
- Reicht Erbe nicht für Bezahlung der Schulden aus beantragt Nachlassverwalter das Nachlassinsolvenzverfahren
Nachlassinsolvenzverfahren
- Bei überschuldeten oder zahlungsunfähigen Nachlässen
- Kann vom Nachlassverwalter oder dem Erben beantragt werden
- Führt zur Haftungsbeschränkung
- Insolvenz wirkt nur gegen Erblasser, keine negative Auswirkung auf den Erben
Erbschafts- oder Erbteilsverkauf
Eine Möglichkeit stellt der Erbschafts- oder Erbteilsverkauf dar. Dies kommt in Frage, wenn der Nachlass zwar nicht überschuldet ist, sich aber aus gebundenem Kapital in Form von Immobilien oder Geschäftsanteilen zusammensetzt. Hierbei verkauft der Erbe seine Erbschaft oder den Erbteil mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten an einen Dritten.
Häufige Fragen
Bekomme ich den Pflichtteil trotz Ausschlagung des Erbes?
Mit der Ausschlagung verzichten Sie auch auf den Pflichtteil. Diesen können Sie nur ausnahmsweise geltend machen, wenn Sie durch das Erbe beschwert werden und deshalb das Erbe ausschlagen
Muss ich für die Beerdigung zahlen, wenn ich das Erbe ausgeschlagen habe?
Trotz Erbausschlagung bleiben nahe Angehörige verpflichtet die Kosten für die Bestattung zu übernehmen
Darf ich persönliche Gegenstände behalten?
Nein, durch die Erbausschlagung verzichten Sie auf sämtliche Vermögenswerte. Hierunter fallen auch persönliche Gegenstände des Erblassers.
Kann ich im Nachhinein das Erbe ausschlagen?
Ein nachträgliches Ausschlagen des Erben ist nicht möglich. Sollten Sie feststellen, dass der Nachlass überschuldet ist können Sie jedoch die Haftung durch eine Nachlassverwaltung oder eine Nachlassinsolvenz beschränken.
Welche Familienmitglieder müssen das Erbe ausschlagen?
Das Erbe ausschlagen müssen alle Familienmitglieder die nach der gesetzlichen Erbfolge oder ,falls vorhanden, dem letzten Willen des Verstorbenen erben würden.
Fazit
Die Erbausschlagung ist ein entscheidender Schritt, um sich vor finanziellen Risiken durch einen überschuldeten Nachlass zu schützen. Aber auch persönliche oder organisatorische Gründe können für eine Ausschlagung sprechen. Diese muss innerhalb der sehr kurzen Frist von 6 Wochen erfolgen. Die Erbausschlagung muss beim Nachlassgericht oder notariell erklärt werden. Unter Umständen kann die Annahme einer Erbschaft aber auch die Ausschlagung einer Erbschaft angefochten werden. Sollten Sie eine Erbschaft angenommen haben und der Nachlass potenziell überschuldet sein, stellen die Nachlassverwaltung und die Nachlassinsolvenz eine Möglichkeit dar, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, ohne komplett auf den Erbanspruch zu verzichten. Durch einen Erbteilsverkauf können Sie sich auch nach Annahme von der Erbschaft trennen.