Haftung des Erben

Oft ist Erben nicht bewusst, dass sie nicht nur vom Vermögen des Verstorbenen profitieren, sondern auch für dessen Verbindlichkeiten einstehen müssen. Genau dies sieht das deutsche Erbrecht jedoch in § 1967 Abs. 1 BGB vor.

Grundsätzlich wird dort festgeschrieben, dass die Erben für alle Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers haften. Als Erbe werden Sie automatisch Rechtsnachfolger des Verstorbenen, gleichgültig ob als Gläubiger oder Schuldner. Wichtig: Die Haftung für Schulden ist nicht auf den Wert des Nachlasses begrenzt. Es kann also das gesamte eigene Vermögen des Erben herangezogen werden, sollte der Nachlass selbst nicht ausreichen.

Inhaltsverzeichnis

1. Umfang der geesetzlichen Haftung für Schulden des Erblassers
2. Ausschluss der Erbenhaftung durch Ausschlagung der Erbschaft
3. Mögliche Haftungsbegrenzung für den Nachlass
4. Die Haftung von Miterben
5. Handlungsbedarf für Erben und Gläubiger
6. Fazit

Umfang der gesetzlichen Haftung für Schulden des Erblassers

1967 Abs. 2 BGB regelt, was für die Erbenhaftung unter Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen ist. Es zählen dazu alle Schulden des Erblassers sowie Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen, die der Erbe zu erfüllen hat. Unter die erste Gruppe fallen Verbindlichkeiten, die der Erblasser zu Lebzeiten durch Rechtsgeschäft begründet hat wie Bankkredite, Versicherungsbeiträge, Mietforderungen, Steuerschulden etc.. Davon zu unterscheiden sind Belastungen, die sich aus der Abwicklung des Erbfalls selbst ergeben wie etwa Beerdigungskosten. Eine weitere Gruppe bilden Forderungen Dritter, die auf Rechtsbeziehungen oder testamentarische Verfügungen des Erblassers zurückgehen. Auch Rückzahlungen von Arbeitslosengeld II, das der Verstorbene in seinen letzten Lebensjahren bezogen hat, können gem. § 35 SGB Abs. 2 auf Erben zukommen. Erben bzw. Miterben haben jedoch eine Reihe von Optionen, diese weitgehende Haftung auszuschließen oder zumindest zu begrenzen.

Ausschluss der Erbenhaftung durch Ausschlagung der Erbschaft

Das Gesetz eröffnet Erben in den §§ 1942 ff. BGB die Möglichkeit, eine Erbschaft auszuschlagen. Die Konsequenz der Ausschlagung besteht zum einen darin, dass keine Forderung gegen den Erben mehr geltend gemacht werden kann. Zum anderen ist der Erbe nun auch nicht mehr Erbe und hat als Konsequenz auch selbst keine Ansprüche auf Bestandteile des Nachlasses. Die Ausschlagung einer Erbschaft ist an Fristen und Formalitäten geknüpft, um wirksam zu werden. Sie muss gem. § 1944 Abs. 1 BGB innerhalb von sechs Wochen erfolgen, und zwar durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht (§1945 Abs. 1 BGB). Ein Anruf oder selbst Einschreiben reichen dazu nicht aus. Die Sechswochenfrist läuft ab Kenntniserlangung des Erben vom Erbfall. Eine Erbschaft kann nur insgesamt ausgeschlagen werden, eine Teilausschlagung verbietet § 1950 BGB. Neben dieser radikalen Lösung zur Haftungsvermeidung bestehen weitere Verfahren zur Begrenzung der Erbenhaftung auf den Nachlasswert. Für alle gilt: als Erbe müssen Sie aktiv handeln, um dieses Ziel zu erreichen.

Mögliche Haftungsbegrenzung auf den Nachlass

Die hier gangbaren Wege führen im Ergebnis dazu, das Nachlassvermögen wieder vom Privatvermögen des oder der Erben zu trennen und dieses vor Forderungen durch Nachlassgläubiger zu schützen.

  • Um in Erfahrung zu bringen, in welcher Höhe Forderungen gegen den Nachlass überhaupt bestehen, bietet sich das Aufgebotsverfahren gem. §§ 1970 ff. BGB an. Dabei fordert das zuständige Nachlassgericht eventuelle Gläubiger auf, ihre Ansprüche innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist anzumelden. Einige Gläubigergruppen fallen allerdings nicht unter dieses Verfahren, vgl. dazu die §§ 1971 und 1972 BGB. Eine Forderung, die erst nach Ablauf der Frist angemeldet wird, muss nur noch aus dem Nachlass selbst befriedigt werden, nicht mehr aus dem Privatvermögen des Erben. Ist der Nachlass also aufgebraucht, gibt es keine Haftung des Erben aus dessen Privatvermögen mehr.

  • Weiß man als Erbe, dass der Nachlass überschuldet ist, kommt die Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens in Betracht, um das eigene Vermögen vor dem Gläubigerzugriff zu bewahren. Gem. § 1980 Abs. 1 BGB ist der Erbe bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sogar verpflichtet, den Antrag auf Insolvenz zu stellen. Die Regelungen des BGB werden in diesem Fall ergänzt um die Vorschriften des Insolvenzrechts. Das führt dazu, dass der entsprechende Antrag beim Insolvenz- und nicht beim Nachlassgericht zu stellen ist. Die weitere Abwicklung übernimmt dann ein Insolvenzverwalter. Das Privatvermögen des Erben wird gem. § 1975 BGB von der Haftung befreit.

  • Besteht Unsicherheit darüber, ob der Nachlass zur Schuldentilgung ausreichen wird, kommt die Durchführung der Nachlassverwaltung in Frage. Gem. § 1981 Abs. 1 BGB kann sie der Erbe beim Nachlassgericht beantragen. Als Besonderheit kommt hier gem. § 1981 Abs. 2 hinzu, dass auch ein Nachlassgläubiger die Nachlassverwaltung beantragen kann, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Die Anordnung der Nachlassverwaltung durch einen vom Gericht bestellten Nachlassverwalter führt, wie die Nachlassinsolvenz gem. § 1975 BGB dazu, dass der Erbe nicht mehr mit seinem Privatvermögen haftet. Zu beachten ist, dass mehrere Erben einen solchen Antrag nur gemeinsam stellen können. Wurde der Nachlass bereits aufgeteilt, ist das gem. § 2062 BGB nicht mehr zulässig.

Die Haftung von Miterben

In der Praxis erben häufig Geschwister als Miterben, sie bilden eine Erbengemeinschaft. Auch als Miterbe ist man der Haftung für Schulden des Erblassers zunächst vollständig ausgesetzt. Das BGB bestimmt in § 2058 ganz klar, dass alle Miterben gesamtschuldnerisch für die Nachlassverbindlichkeiten haften. Das bedeutet, jeder Miterbe haftet grundsätzlich wie ein Einzelerbe auch mit seinem Privatvermögen. Die Haftung ist nicht auf den Erbanteil beschränkt. Um sie auszuschließen bzw. auf den Nachlass zu einzugrenzen, gelten gem. §§ 2060 bis 2062 BGB ähnliche Voraussetzungen wie bei einem einzelnen Erben (Aufgebot, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz).

Handlungsbedarf für Erben und Gläubiger

Sind Sie als Erbe, Miterbe oder Gläubiger nach einem Erbfall von der Haftungsproblematik betroffen, empfiehlt es sich, wegen der hohen Komplexität der einzelnen Grundsatz- und Ausnahmeregelungen einen Fachanwalt für Erbrecht zur Beurteilung des Sachverhalts hinzuzuziehen.

Fazit

Wer eine Erbschaft annimmt, wird Rechtsnachfolger des Verstorbenen und haftet für dessen Schulden, auch mit dem eigenen Vermögen. Das Erbrecht bietet jedoch Schutzmechanismen durch die, die Haftung auf den Nachlass beschränkt wird: Ausschlagung der Erbschaft, Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren. Liegt eine Erbengemeinschaft vor, haften die Erben gesamtschuldnerisch. Wr frühezeitig tätig wird, kann die Haftung beschränken und die Weichen für einen Erhalt der Vermögenswerte stellen.