Mit einem Erbverzicht in Form eines notariell beurkundeten Vertrages verzichtet ein Erbe zu Lebzeiten des Erblassers auf seinen Erbteil.
Erblasser und Erbe treffen bei Erb- und Pflichtteilsverzicht eine Vereinbarung, sie schließen einen Vertrag. Darin erklärt der Erbe, auf seinen Erbteil/Pflichtteil zu verzichten. Häufig verbinden die Parteien den Verzicht mit einer Entschädigungszahlung für den verzichtenden Erben. Der Erbverzichtsvertag beseitigt den Erbanspruch in jedweder Form, insbesondere wird damit auch ein etwaiger Anspruch auf den Pflichtteil ausgeschlossen. Hier unterscheidet sich der allgemeine Erbverzicht vom Pflichtteilsverzicht, der ohne weitere Regelung nur den Pflichtteil, aber nicht das Erbe an sich ausschließt. Auch die Ausschlagung des Erbes unterscheidet sich von einem Verzicht, weil hier einseitig der Verzicht erst nach dem Tod des Erblassers erklärt wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Der Erbverzicht und seine gesetzliche Regelung
2. Welchen Sinn machen Erbverzicht udn Pflichtteilsverzicht?
3. Die Vor- und Nachteile eines Erbverzichts in der Übersicht
4. Kann ich einen Erbverzicht rückgängig machen?
5. Fazit
Der Erbverzicht und seine gesetzliche Regelung
Geregelt ist der Erbverzicht in § 2346 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Absatz 1 Satz 1 beschreibt den Kreis der möglichen Personen, die einen Verzicht auf das Erbe erklären können. Das sind Verwandte und der Ehegatte des Erblassers. In Satz 2 geht es um die Folgen der Verzichtserklärung. Danach führt der Verzicht zum Ausschluss vom Erbe. Es bleibt kein Pflichtteilsanspruch.
In Absatz 2 der Regelung wird vorgesehen, dass der Verzicht auf den Pflichtteil beschränkt werden kann. Die weiteren Vorschriften in diesem Abschnitt des Bürgerlichen Gesetzbuches umreißen die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines Erbverzichts. So wird nach § 2347 BGB bei einem Erbverzicht das Familiengericht involviert, wenn der Verzichtende unter Vormundschaft oder unter elterlicher Sorge steht. Erklärt ein Betreuer den Verzicht, ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts notwendig.
§ 2347 Abs. 2 BGB macht den Erbverzicht auf Seiten des Erblassers von dessen persönlicher Beteiligung abhängig. Allerdings darf der beschränkt geschäftsfähige Erblasser ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters einem Erbverzicht zustimmen. Bei geschäftsunfähigen Erblassern kann der gesetzliche Vertreter den Vertrag schließen. Dabei kann mit Verweis auf Absatz 1 ebenfalls die Genehmigung des Familiengerichts notwendig sein.
§ 2348 BGB bestimmt als Form für den Erbverzicht die notarielle Beurkundung.
§ 2349 BGB erläutert die rechtlichen Folgen für die Abkömmlinge des Verzichtenden. Die Wirkung des Erbverzichts erstreckt sich auf alle Abkömmlinge. Die Parteien können in dem Erbverzichtsvertrag anderes bestimmen.
In § 2350 BGB wird ein besonderer Fall geregelt. Wenn ein Erbe zugunsten eines anderen auf das gesetzliche Erbrecht verzichtet, nimmt man im Zweifel an, dass sein Verzicht nur für den Fall gelten soll, dass der begünstigte Erben erbt. Nach Absatz 2 der Vorschrift soll der Verzicht eines Abkömmlings des Erblassers nur zugunsten anderer Abkömmlinge des Ehegatten/Lebenspartners des Erblassers gelten.
§ 2351 BGB sieht für einen Vertrag, mit dem die Aufhebung eines Erbverzichts vereinbart wird, das Formerfordernis der notariellen Beurkundung mit Verweis auf § 2348 vor.
Schließlich erstreckt § 2352 BGB die Möglichkeit des Verzichts auch auf andere Zuwendungen wie ein Vermächtnis.
Welchen Sinn machen Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht?
Es sind verschiedene Konstellationen denkbar, in denen ein Verzicht auf Erbe oder Pflichtteil sowohl für den Erblasser als auch den Erben eine angemessene erbrechtliche Gestaltung sein kann.
In Fallgestaltungen, in denen der Erblasser die Enterbung eines Erben in Betracht zieht, ist der einvernehmliche Erbverzicht die mildere Form. In dem Verzichtsvertrag kann eine Abfindung vereinbart werden, was der Enterbung die Schärfe nehmen kann. Dabei ist ebenfalls zu beachten, dass ohne eine Erbverzichtserklärung ein Erbe nur durch ein Testament oder durch einen Erbvertrag enterbt werden kann. In beiden Fällen behält er seinen Pflichtteilsanspruch. Insoweit ist der Erbverzicht die rechtlich weitergehende Gestaltung, weil damit der Erbe von seinem Anspruch auf den Pflichtteil ausgeschlossen wird.
Erbverzichtsverträge sind ein wichtiges Gestaltungselement im Kontext einer Unternehmensnachfolge. Häufig will der Erblasser beim Generationenübergang eines Unternehmens sicherstellen, dass ein bestimmtes Familienmitglied erbt und das Unternehmen weiterführt. Mit Erbverzichtserklärungen der anderen Erben gegen Abfindung kann die Nachfolge im Unternehmen - insbesondere Familienunternehmen - gesichert werden. Voraussetzung ist immer, dass die verzichtenden Erben mit einem Verzichtsvertrag einverstanden sind.
In manchen Fällen bestehen unüberwindbare persönliche Differenzen zwischen Erblasser und Erben. Der Pflichtteilsanspruch stellt für den Erben dann keine Begünstigung, sondern eine Belastung dar. Mit dem Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten des Erblassers wird der Erbfall endgültig geregelt, und die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten sind abschließend geklärt. Regelmäßig ist es durch einseitige Gestaltung des Erblassers nicht möglich, einen Erben von seinem Pflichtteilsanspruch auszuschließen. Daraus ergeben sich häufig erhebliche Belastungen für die anderen Erben.
Besonders problematisch kann die erbrechtliche Situation werden, wenn zum Nachlass des Erblassers Unternehmen oder Immobilien gehören. Der Pflichtteilsanspruch eines Erben beläuft sich auf die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Anspruches, wie sich aus § 2303 BGB ergibt. Hier kann es für das Unternehmen zu Liquiditätsengpässen kommen, wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe ausgezahlt werden muss. Möglicherweise muss eine Immobilie verkauft werden, damit der Pflichtteilsanspruch befriedigt werden kann. Der Verzicht auf den Pflichtteil dient der Vermeidung problematischer erbrechtlicher Konstellationen.
Mit dem Verzicht auf den Pflichtteil durch Vertrag möchte der Erblasser beispielsweise dafür sorgen, dass seine überlebende Ehepartnerin/sein Ehepartner nicht von Pflichtteilsansprüchen belastet wird.
Die Vor- und Nachteile eines Erbverzichts in der Übersicht
Vorteile eines Erbverzichts
- Erbverzichtsverträge können in bestimmten erbrechtlichen Fallgestaltungen eine optimale Möglichkeit sein, den Erbfall abschließend und schon zu Lebzeiten des Erblassers zu gestalten.
- Der Erbverzicht stärkt die freie Entscheidungsmöglichkeit beider Parteien
- Erben können zu Lebzeiten des Erblassers auf das Erbe verzichten, ohne später an die möglichen Fristen einer Erbausschlagung
gebunden zu sein. Das ist wichtig, wenn ein Erbe nicht gewollt ist. - Vereinbaren Erblasser und Erbe ein Verzicht auf das Erbe, kann eine Abfindungszahlung zur Entschädigung vereinbart werden.
Sie kann die Härte einer Enterbung abmildern. - Erbverzichtserklärungen sichern nicht zuletzt die nicht verzichtenden Erben ab.
Nachteile eines Erbverzichts
- Der Erbverzicht wie auch der Pflichtteilsverzicht können nur für das gesamte Erbe/den gesamten Anspruch erklärt werden.
Teilverzichte sind ausgeschlossen. - Erbverzichtsverträge können nur einvernehmlich geschlossen werden. Sie scheiden deshalb aus, wenn der Erbe mit einem Verzicht nicht einverstanden ist.
- Ohne eine abweichende Vereinbarung zwischen den Parteien erstreckt sich der Verzicht auch auf die Abkömmlinge des verzichtenden Erben. Die Rechtsfolgen eines Erbverzichts sind weitreichend.
- Durch das Erfordernis der notariellen Beurkundung für den Erbverzichts Vertrag entstehen mit der Vereinbarung gesonderte Kosten. Grundlage für deren Berechnung ist das Vermögen des Erblassers. Es entsteht für die Beurkundung des Verzichtsvertrages eine doppelte Notargebühr.
Kann ich einen Erbverzicht rückgängig machen?
Es ist wichtig zu beachten: Nach dem Abschluss und der notariellen Beurkundung des Erbverzichtsvertrages kann dieser nicht einseitig widerrufen werden. Wünschen sich die Parteien die Aufhebung bei Erb- und Pflichtteilsverzicht, muss auch die einvernehmliche Aufhebung vertraglich erklärt und notariell beurkundet werden.
Für Verzichtsverträge gelten ferner die Anfechtungsregelungen, die auch für andere Verträge gelten. Der Verzichtsvertrag kann beispielsweise gemäß § 119 BGB unwirksam sein, wenn bei Abgabe der Erklärungen ein Irrtum entstanden ist oder der Verzichtende eine solche Erklärung nicht hatte abgeben wollen.
Auch Verzichtsverträge, die im Sinne von § 123 BGB durch Täuschung oder Drohung zustande gekommen sind, werden durch Anfechtung unwirksam.
Schließlich darf ein Erbverzichtsvertrag auch nicht sittenwidrig sein. Der Erblasser darf die mögliche Unerfahrenheit eines Erben nicht ausnutzen, indem er ihm eine Entschädigungsleistung zahlt, die in keinem Verhältnis zum Wert des Erbes steht.
Fazit
Ein Erbverzicht ermöglicht es, bereits zu Lebzeiten klare und verbindliche Regelungen über die Erbfolge zu treffen. Durch den notariell beurkundeten Vertrag können Erblasser und Erbe Streitigkeiten vermeiden, Pflichtteilsansprüche ausschließen und eine geregelte Vermögensnachfolge sicherstellen. Da der Vertrag weder einseitig widerrufen noch ohne notarielle Aufhebung ückgängig gemacht werden kann, sollte ein Erbverzicht stets gut überlegt und rechtlich begleitet werden.