Nachlass

Der Nachlass zählt zu den Basisbegriffen im Erbrecht. Seine gesetzliche Definition findet sich in § 1922 BGB. Danach besteht die Erbschaft aus dem Vermögen des Erblassers als Ganzes im Zeitpunkt des Erbfalls. Statt Erbschaft verwendet der Gesetzgeber dafür an anderer Stelle den Begriff Nachlass.

Im deutschen Erbrecht gilt die Gesamtrechtsnachfolge (=Universalsukzession), d.h. der Nachlass umfasst sämtliche Aktiva, also Vermögenswerte und sämtliche Passiva, also Verbindlichkeiten des Erblassers. Der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft übernimmt somit alle Ansprüche einerseits und alle Pflichten des Erblassers andererseits. Dies führt auch zur Haftung des Erben für Schulden des Erblassers. Es ist also wichtig zu wissen, was zum Nachlass gehört und was nicht.

Inhaltsverzeichnis

1. Aktiva innerhalb des Nachlasses
2. Aktiva außerhalb des Nachlasses
3. Nachlassverbindlichkeiten
4. Nachlasswert
5. Exkurs: der digitale Nachlass

Aktiva innerhalb des Nachlasses

Die Aktivposten des Nachlasses umfassen Barvermögen, Vermögen auf Bankkonten bzw. Wertpapierdepots. Es gehören Grundstücke und Immobilien dazu sowie alle beweglichen Gegenstände, die sich im Eigentum des Verstorbenen befanden, also Kunstobjekte, Möbel, Schmuck usw. Auch wenn der Erblasser lediglich Miteigentümer oder Mitbesitzer zum Beispiel gemeinsam mit seinem Ehegatten war, gehören seine Anteile zum Nachlass. Als Aktivposten im Nachlass zählen zudem vererbliche Rechte und Ansprüche des Erblassers. Dies kann bei Nachlässen von Firmeninhabern eine Rolle spielen, wenn es sich um Geschäftsanteile, Patente und andere gewerbliche Schutzrechte oder Urheberrechte handelt.

Aktiva außerhalb des Nachlasses

Von den vererblichen Rechtspositionen zu unterscheiden sind höchstpersönliche Rechte, die nicht Bestandteil des Nachlasses werden, wie

  • die Rentenansprüche des Erblassers
  • Mitgliedschaften in Vereinen
  • Nießbrauchrechte gem. § 1061 Abs. 1 BGB
  • eventuelle Unterhaltsansprüche gem. §§ 1586 Abs. 1, 1615 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 und 1361 Abs. 4 S. 1 BGB
  • ein dingliches Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB

Nicht zum Nachlass gerechnet werden Ansprüche, die ein Hinterbliebener (nicht Erbe) mit dem Tode des Erblassers erwirbt, zum Beispiel als Begünstigter einer Lebensversicherung. War der Erblasser für sein Vermögen oder Teile davon nur Vorerbe, wie es das BGB in § 2100 ermöglicht, fallen diese Vermögenspositionen nicht unter seinen Nachlass, sie stehen dann dem Nacherben zu.

Nachlassverbindlichkeiten

Vereinfacht gesagt gehören dazu alle Schulden des Erblassers, wie in § 1967 Abs. 2 BGB ausgeführt. § 1967 Abs. 2 BGB differenziert dazu bei den Verbindlichkeiten in Erblasser- und Erbfallschulden. Die erste Gruppe bilden Verbindlichkeiten, die der Verstorbene zu Lebzeiten eingegangen ist, also Kreditverträge, Versicherungen, Miete oder Wohngeld oder ausstehende Steuern. Zur zweiten Gruppe gehören Verpflichtungen, die die Abwicklung des Erbfalls selbst betreffen wie alle Kosten rund um die Bestattung. Hinzu kommt eine dritte Gruppe: Dabei handelt es sich um Forderungen Dritter als Folge testamentarischer Verfügungen des Erblassers, z.B. Vermächtnisse gem. §§1939 ff. BGB. Weitere Fälle von Erbfallschulden sind Ansprüche des Ehegatten auf Zugewinnausgleich, Pflichtteilsansprüche gem. §§ 2303 ff. BGB oder Ansprüche aus Schenkungsversprechen von Todes wegen gem. § 2301 Abs. 1 BGB. Nicht als Nachlassverbindlichkeit anzusehen ist hingegen eine eventuell fällige Erbschaftssteuer. Sie ist eine eigenständige Verpflichtung des Erben und nicht des Erblassers.

Nachlasswert

Der Nachlasswert spielt eine Rolle, wenn es zur Erbauseinandersetzung einer Erbengemeinschaft kommt, Pflichtteilsansprüche zu berechnen sind (vgl. dazu § 2311 BGB) oder für das Finanzamt zur Festsetzung der Erbschaftssteuer. Um den Wert des Nachlasses zu bestimmen, sind die beschriebenen Passiva von den Aktiva zu subtrahieren. Davor steht die konkrete Wertermittlung der Nachlassgegenstände, für die gem. § 2311 Abs. 1 BGB als Stichtag der Todestag des Erblassers gilt. Bei umfangreicheren Nachlässen empfiehlt es sich für Erben, zunächst entsprechende Informationen über Banken, Steuerberater etc. des Erblassers einzuholen. Für Immobilien, Kunstobjekte, Schmuck u.ä. können Gutachter eingeschaltet werden. Die Auflistung wird im Anschluss dem zuständigen Nachlassgericht zugeleitet, das die endgültige Bewertung durchführt. Diese bildet die Grundlage zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen und Erbschaftssteuer.

Exkurs: der digitale Nachlass

Mit dem o.a. Begriff werden alle digitalen Spuren nach einem Erbfall bezeichnet. Dazu gehören E-Mail und Chat-Accounts, Konten bei Onlineshops, Profile in sozialen Netzwerken, Online-Konten bei Banken, Energieversorgern, Supermärkten, Zeitschriften und vielen mehr. Als Erbe muss man sich auch mit diesem digitalen Bereich der Erbschaft auseinandersetzen, und sei es nur, um diese kündigen zu können. Selbst wenn man über die Passwörter der jeweiligen Konten verfügt, kann dies kompliziert und aufwändig werden. Kennt man sie nicht, bedarf es eines Erbscheins, um sich bei den jeweiligen Anbietern als Erbe ausweisen zu können und damit den Zugriff auf die Online-Konten zu bekommen. Der Bundesgerichtshof hat dazu in zwei jüngeren Urteilen (Az. III ZR 183/17 und Az. III ZB 30/20) klargestellt, dass den Erben in gleichem Umfang der Zugang gewährt werden muss - abgesehen von der Weiternutzung - wie dem ursprünglichen Nutzer.