Grundsätzlich muss sich der Erbe selbst um den Nachlass kümmern. Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses durch das Nachlassgericht werden nur ausnahmsweise in gesetzlich definierten Fällen erforderlich. Dabei handelt es sich um die Nachlasspflegschaft und die Nachlassverwaltung.
Dazu bestimmt § 1960 Abs. 1 BGB, dass das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen hat, soweit ein Bedürfnis besteht. Dieses kann durch verschiedene erbrechtliche Konstellationen eintreten, beispielsweise, wenn der oder die Erben noch unbekannt sind. Diese Situation beinhaltet die Gefahr von Schäden und Wertverlusten des Nachlasses während einer nicht genau bekannten Zeitspanne. Das Nachlassgericht kann dann zur Sicherung des Nachlasses selbst Maßnahmen ergreifen oder eine Nachlasspflegschaft anordnen.
Inhaltsverzeichnis
1. Fürsorgenmaßnahmen des Nachlassgerichts
2. Ansatzpunkte für die Nachlasspflegschaft
3. Aufgaben des Nachlasspflegers
4. Abgrenzung zur Nachlassverwaltung
5. Abschluss und Kosten der Nachlasspflegschaft
Fürsorgemaßnahmen des Nachlassgerichts
1960 Abs. 2 BGB legt fest, dass das Nachlassgericht die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen kann. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, das Gericht entscheidet im Einzelfall über weitere angemessene Maßnahmen. Zur umfassenden Nachlasssicherung ist das Nachlassgericht gem. § 1960 Abs. 2 BGB schließlich befugt, einen Nachlasspfleger einzusetzen und damit die Nachlasspflegschaft anzuordnen.
Ansatzpunkte für die Nachlasspflegschaft
Nach § 1961 BGB hat das Gericht einen Nachlasspfleger zu bestellen, "wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird". Hier geht es meist um Ansprüche von Nachlassgläubigern, die einen Ausfall ihrer Forderungen fürchten, wenn keine Sicherung des Nachlasses durch einen amtlich bestellten Nachlasspfleger erfolgt. Der Erbe selbst kann hingegen eine Nachlasspflegschaft nicht beantragen, er kann sie lediglich anregen.
Das Nachlassgericht verfügt über einen eher weiten Ermessensspielraum bei der Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Bei seiner Entscheidung muss es sich vorrangig von den Interessen des endgültigen Erben am Erhalt des Nachlasses leiten lassen. In Betracht kommen vielfältige Umstände:
- Der oder die Erben sind noch unbekannt bzw. längere Zeit nicht erreichbar.
- Ein oder mehrere Erben haben die Erbschaft ausgeschlagen.
- Die Rechtsgültigkeit eines Testaments ist streitig.
- Die Hinterbliebenen streiten untereinander um die Erbfolge.
- Gerichtliche Verfahren laufen.
- Minderjährige gehören zu den Erben.
- Es besteht zeitnah Handlungsbedarf, um Schäden am Nachlass zu verhindern
Aufgaben des Nachlasspflegers
Der Nachlasspfleger handelt als gesetzlicher Vertreter des oder der unbekannten Erben. Das Nachlassgericht spezifiziert seine Aufgaben in dem gem. § 38 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschluss und der darauf beruhenden Bestallungsurkunde, s. dazu auch § 1789 i.V.m. § 1962 BGB. Vorrangige Aufgabe ist meist die Erbenermittlung gefolgt von der Ermittlung, Sicherung und Verwaltung des Nachlasses. Der Nachlasspfleger nimmt zunächst den Nachlass in Besitz. Dann gilt es herauszufinden, ob es ein Testament gibt und was im Einzelnen zum Nachlass gehört, Aktiva wie Passiva. Dazu verfügt er über die entsprechenden Auskunftsrechte z.B. gegenüber Banken und Geschäftspartnern, aber auch Angehörigen. Umgekehrt ist er als Ansprechpartner gegenüber etwaigen Nachlassgläubigern verpflichtet, ihnen entsprechende Auskünfte zum Wert des Nachlasses zu erteilen. Liegen alle Informationen vor, erstellt der Nachlasspfleger das Nachlassverzeichnis. Gibt es Nachlassverbindlichkeiten, ist der Nachlasspfleger berechtigt bzw. zur Schadenabwendung auch verpflichtet, diese aus dem Nachlass zu bedienen. Stellt er fest, dass der Nachlass überschuldet ist, wird er ein Insolvenzverfahren über den Nachlass beantragen. § 31 Abs. 6 ErbstG verpflichtet den Nachlasspfleger im Übrigen zur Abgabe der Erbschaftssteuererklärung. Als gesetzlicher Vertreter unbekannter Erben kann er Forderungen aus dem Nachlass auch gerichtlich geltend machen falls erforderlich.
Abgrenzung zur Nachlassverwaltung
Obwohl ihre Aufgaben ähnlicher Natur sind, ist der Nachlasspfleger nicht gleichzusetzen mit dem Nachlassverwalter. Die Nachlassverwaltung gem. § 1975 BGB betrifft eine spezielle Fallgestaltung. Sie wird angeordnet, wenn der Erbe zwar bekannt ist, aber eine Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass sein Verhalten eine Befriedigung von Nachlassgläubigern aus dem Nachlass gefährden könnte.
Abschluss und Kosten der Nachlasspflegschaft
Die Sicherung des Nachlasses durch das Nachlassgericht bzw. den Nachlasspfleger endet, wenn der oder die Erben ermittelt werden konnten und die Erbschaft angenommen haben (vgl. dazu § 1960 Abs. 1 BGB). Das Nachlassgericht erlässt dazu erneut einen Beschluss. Der Nachlasspfleger hat sodann alle Nachlassgegenstände an den oder die Erben herauszugeben. Die Nachlasssicherung im Wege der Nachlasspflegschaft löst zunächst Gerichtskosten aus, die sich nach den Vorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) richten. Bemessungsgrundlage ist der Wert des Nachlasses. Auch der Nachlasspfleger selbst erhält eine Vergütung, welche sich an seiner Qualifikation und dem Aufwand der Tätigkeit orientiert. Hinzu kommt die Erstattung von Aufwendungen des Nachlasspflegers. Grundsätzlich haftet für die anfallenden Kosten der Erbe mit dem Nachlass.