Bei einer Gesamthandsgemeinschaft handelt es sich um eine Form des Miteigentums geregelt in den §§ 719 bis 747 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Hierbei sind mehrere Miteigentümer gemeinsam Eigentümer einer Sache, häufig einer Immobilie. Verbreitete Formen der Gesamthandsgemeinschaft sind die Gütergemeinschaft in der Ehe und die Erbengemeinschaft. Auch das Handels- und Gesellschaftsrecht bestimmt Gesamthandsgemeinschaften, auch wenn diese durch die Reform des Personengesellschaftsrechts an Bedeutung verloren haben. Die Besonderheit bei einer Gesamthandsgemeinschaft ist es, dass alle Mitglieder Entscheidungen über die Sache nur gemeinschaftliche treffen können. Eine Aufteilung der Sache ist nicht möglich. Auch haften die Mitglieder der Gesamthandsgemeinschaft gegenüber Dritten gesamtschuldnerisch.
Merkmale der Gesamthandsgemeinschaft
Die Gesamthandsgemeinschaft zeichnet sich durch die folgenden Merkmale aus:
- Ungeteiltes Vermögen
Das Vermögen gehört allen gemeinsam, keinem Mitglied gehört ein konkreter Anteil an einer einzelnen Sache. - Gesamthandsanteil
Jeder Gesamthänder hält einen ideellen Anteil am Gemeinschaftsvermögen. Dies bedeutet, dass die Rechte und Pflichten jedes Mitglieds sich nicht auf einzelne Vermögensgegenstände beziehen, sonder auf das gesamte gemeinschaftliche Vermögen. - Gemeinsame Verwaltung
Entscheidungen über Nutzung, Verwaltung sowie Verfügungen müssen gemeinsam getroffen werden. Die Verwaltung erfolgt kollektiv, sodass keine der Parteien allein über die Vermögensgegenstände entscheiden kann. - Gesamtschuldnerische Haftung
Die Gesamthänder haften für Schulden der Gesamthandsgemeinschaft gesamtschuldnerisch. Das bedeutet, dass jeder Gesamthänder für die gesamten Verbindlichkeiten der Gemeinschaft in vollem Umfang verantwortlich ist. Gläubiger können jeden der Gesamthänder für die gesamte Schuld in Anspruch nehmen.
Unterschied Gesamthandsgemeinschaft und Bruchteilsgemeinschaft
Abzugrenzen ist die Gesamthandsgemeinschaft von der Bruchteilsgemeinschaft.
| Kriterium | Gesamthandsgemeinschaft | Bruchteilsgemeinschaft |
| Eigentumsverhältnis | Das Vermögen gehört den Mitgliedern gemeinschaftlich | Jeder besitzt einen prozentual festgelegten Teil |
| Verwaltungsgrundsätze | Verwaltung erfolgt kollektiv | Verwaltung erfolgt durch Mehrheitsbeschluss |
| Verfügungsbefugnisse | Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände oder das gesamte Vermögen erfordert Zustimmung alles Gesamthänder | Bruchteilseigentümer können über ihren Anteil frei verfügen. |
| Haftung | Gesamtschuldnerisch |
Beschränkt auf eigenen Anteil |
Pflichten und Rechte der Gesamthänder
Gesamthänder haben Rechte und Pflichten die essenziell für ein Funktionieren der Gesamthandsgemeinschaft sind.
- Mitverwaltungsrecht
- Treuepflicht
- Nutznießungsrecht
- Beitragserbringungspflicht
- Pflicht zur Schuldenübernahme
- Auseinandersetzungsrecht
Auflösung der Gesamthandsgemeinschaft
Bei der Auflösung einer Gesamthandsgemeinschaft handelt es sich um einen rechtlich komplexen Vorgang. Damit diese aufgelöst wird, muss die Gesamthandsgemeinschaft beendet und auseinandergesetzt werden.
Gründe für die Beendigung
Es kann mehrere Gründe für die Beendigung einer Gesamthandsgemeinschaft geben.
- Der Gemeinschaftszweck wurde erreicht oder kann nicht mehr erreicht werden
- Wurde die Gemeinschaft auf Zeit angelegt endet sie automatisch mit Ablauf des vereinbarten Zeitraums.
- Die Gesamthänder können die Gemeinschaft durch Beschluss auflösen.
- Unter gewissen Voraussetzungen kann ein Mitglied die Gemeinschaft kündigen. Dies führt zu einer Auseinandersetzung.
Auseinandersetzung der Gesamthandsgemeinschaft
Auf die Beendigung folgt die Auseinandersetzung der Gesamthandsgemeinschaft. Hierzu wird das Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft auf die einzelnen Mitglieder aufgeteilt. Dies erfolgt in mehreren Schritten:
- Vollständige Bestandsaufnahme des Vermögens und der Verbindlichkeiten
- Bewertung der Vermögensgegenstände
- Begleichung der Verbindlichkeiten
- Aufteilung des verbleibenden Vermögens auf die Gesamthänder
- Ausgleichszahlungen falls gleichmäßige Verteilung nicht möglich war
Herausforderungen bei der Auflösung
Die Beendigung und insbesondere die Auseinandersetzung der Gesamthandsgemeinschaft geht mit Herausforderungen einher. Hierbei kann es zum Beispiel bei der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände zu Unstimmigkeiten kommen, wenn der Wert unterschiedlich eingeschätzt wird. Aber auch bei der Aufteilung des Vermögens kann es zu Problemen kommen. Oftmals sind gerichtliche Verfahren zur endgültigen Aufteilung notwendig.
Vorteile der Gesamthandsgemeinschaft
Vorteile der Gesamthandsgemeinschaft sind:
- Gemeinsame Kontrolle des Vermögens
- Rechtliche Einheitlichkeit des Vermögens
- Schutz vor unüberlegten Einzelentscheidungen
Nachteile und Risiken der Gesamthandsgemeinschaft
Die Nachteile und Risiken in der Gesamthandsgemeinschaft:
- Oftmals Einstimmigkeit für Handlungen erforderlich
- Verwaltungsentscheidungen können blockiert werden
- Auflösung sehr komplex
- Gesamtschuldnerische Haftung für Verbindlichkeiten
Typische Probleme in der Gesamthandsgemeinschaft
In einer Gesamthandsgemeinschaft kann es zu Problemen kommen, insbesondere wenn sich eine Immobilie in Gesamthandsgemeinschaft befindet. Häufig kommt es zu Streitigkeiten über die Verwaltung, Nutzung oder den Verkauf gemeinschaftlicher Vermögenswerte. Auch kann es zu Uneinigkeit über die Verwendung gemeinsamer Einnahmen kommen. Haben einzelne Gesamthänder das Gefühl, sie leisten mehr als andere, kommt es bei der Auseinandersetzung zu Unstimmigkeiten, da diese eine höheren Anteil für sich beanspruchen werden.
Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft
Bei einer Erbengemeinschaft handelt es sich um die häufigste Form der Gesamthandsgemeinschaft. Neben den ohnehin schon im Rahmen einer Gesamthandgemeinschaft auftretenden Problemen kommt hier oft noch der emotionale Faktor dazu. Ein Erbfall ist eine sehr belastende Situation. Geht es um die Aufteilung des Erbes spielen oft nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle. So kommt es oftmals bei vererbten Häusern zu Streitigkeiten. Beispiel: 3 Geschwister erben gemeinsam das Elternhaus. Zwei möchten das Haus verkaufen, der Dritte möchte das Elternhaus behalten. Ein Verkauf ist jedoch nur einstimmig möglich. Möchte einer der Erben seinen Erbteil in Geld umwandeln bleibt ihm oft nur die Möglichkeit der Erbauseinandersetzungsklage. Diese ist jedoch mit hohen Kosten verbunden und kann sich über mehrere Jahre ziehen. Alternativ kann ein Erbe seinen Anteil über einen Erbteilsverkauf an Dritte übertragen.
Fazit
Die Gesamthandsgemeinschaft ist eine komplexe rechtliche Konstruktion mit erheblichen Pflichten, aber auch Vorteilen gemeinsamer Kontrolle und Haftung. In der Praxis empfiehlt sich juristische Beratung um Streitigkeiten über Verwaltung, Haftung oder Auflösung rechtssicher zu vermeiden.