Der Verkauf eines Erbteils (bzw. von „Rechten an der Erbschaft“) ist in vielen Rechtsordnungen möglich, aber die Spielregeln unterscheiden sich spürbar: Formvorgaben, Vorkaufsrechte der Miterben, die Stellung des Erwerbers in der Erbauseinandersetzung und – in einigen Systemen – sogar gerichtliche Angemessenheitskontrollen. Wer solche Transaktionen plant (ob als Erbe oder als Investor), sollte die juristischen Eigenheiten je Land kennen.
Inhaltsverzeichnis
1. Erbteil-Kauf in Deutschland
2. Erbteil-Kauf in der Schweiz
3. Erbteilskauf in Frankreich
4. Erbteilsverkauf in Spanien
5. Erbteilsverkauf in Italien
6. Erbteilsverkauf in Polen
7. England & Wales
8. USA (Beispiel: Kalifornien)
9. Querabgleich: Was bedeutet das für die Praxis?
10. Schneller Länder-Spickzettel
11. Wichtiger Hinweis
Erbteil-Kauf in Deutschland
Zulässigkeit & Form
Jeder Miterbe darf über seinen Erbteil verfügen; nicht erlaubt ist die Verfügung über einzelne Nachlassgegenstände. Der Vertrag über den Erbteil muss notariell beurkundet werden (§ 2033 BGB). Gleiches gilt für den Verkauf der gesamten Erbschaft eines Alleinerben (Erbschaftskauf; § 2371 BGB).
Vorkaufsrecht der Miterben
Verkauft ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten, steht den übrigen Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu (Fristen laufen ab Mitteilung, Details in §§ 2034 ff. BGB).
Praxis-Hinweis
Das Vorkaufsrecht macht Preis und Timing planungsrelevant. Käufer sollten mit Ausübungsfristen rechnen; Verkäufer kalkulieren, dass am Ende doch ein Miterbe zu identischen Konditionen eintritt.
Erbteil-Kauf in der Schweiz
Zulässigkeit & Form
Art. 635 ZGB erlaubt die Abtretung von Erbanteilen. Unter Miterben genügt einfache Schriftform; bei Abtretung an einen Dritten erhält der Erwerber kein Mitwirkungsrecht an der Teilung, sondern nur einen Auszahlungsanspruch auf den dem Erben zufallenden Anteil. Auch wenn Grundstücke im Nachlass sind, bleibt die einfache Schriftlichkeit für die Abtretung maßgeblich.
Stellung des Erwerbers
Beim Dritterwerb bleibt die Teilungsregie in der Erbengemeinschaft; der Zessionar wartet auf den Quoten-Auskehranspruch. Das reduziert Konfliktpotenzial am Teilungstisch – ist aber für Erwerber, die „Gestaltungsmacht“ suchen, weniger attraktiv.
Erbteilskauf in Frankreich
Zulässigkeit & Folge für die Annahme
Jede entgeltliche oder unentgeltliche Cession durch einen Erben an seinen Erbrechten gilt als vorbehaltlose Annahme der Erbschaft. Damit entfallen Optionen wie die reine Ausschlagung (Art. 783 Code civil).
Vorkaufsrechte in der Indivision
Beim entgeltlichen Verkauf indiviser Rechte an einen Dritten steht den Co‑indivisaires ein Vorkaufsrecht zu; der Verkäufer muss Preis, Konditionen und Identität des Käufers anzeigen. Nach Ausübung gilt regelmäßig eine 2‑Monats‑Frist zur Finalisierung (Art. 815‑14 Code civil).
Weitere Besonderheit
Wird ein streitiges Recht abgetreten, kann der Gegner durch Rückkauf zum echten Preis („retrait litigieux“) die Sache beenden – in der Praxis selten, aber rechtlich bedeutsam (Art. 1699 Code civil).
Erbteilsverkauf in Spanien
Zulässigkeit: venta de la herencia
Das spanische Zivilgesetzbuch erlaubt den Verkauf der Erbschaft als Ganzes (mit eigenen Regeln u. a. zu Gewährleistung; Art. 1531 CC).
Retracto de coherederos (Miterben‑Eintrittsrecht)
Verkauft ein Miterbe vor der Teilung seine Erbrechte an einen Dritten, dürfen alle oder einzelne Miterben binnen eines Monats ab Kenntnis zum Kaufpreis eintreten (Art. 1067 CC). Das ist funktional ein Vorkaufs-/Eintrittsrecht und wird in der Praxis häufig ausgeübt.
Erbteilsverkauf in Italien
„Vendita di eredità“ – eigenständige Regelung
Der Codice Civile enthält eine eigene Sektion zur Veräußerung einer Erbschaft (Artt. 1542–1547). Besonders wichtig:
- Formzwang: Schriftform ad probationem et substantiam; sonst Nichtigkeit (Art. 1543 c.c.).
- Haftung/Garantie: Ohne Spezifizierung einzelner Gegenstände garantiert der Veräußerer nur seine Erbenstellung, nicht die Beschaffenheit einzelner Nachlasswerte (Art. 1542 c.c.).
Praxis-Hinweis
Die italienischen Regeln sind kaufvertrags‑nah und sehr formstreng. In Due‑Diligence und Vertragspraxis ist zu beachten, dass der Käufer das Nachlassrisiko eher breit übernimmt.
Erbteilsverkauf in Polen
Klare Kodifizierung
Der polnische KC (Kodeks cywilny) regelt den Verkauf/Transfer der angenommenen Erbschaft explizit:
- Art. 1051: Der Erbe, der die Erbschaft angenommen hat, darf die Erbschaft ganz/teilweise oder seinen Anteil veräußern (lexlege.pl).
- Art. 1052: Notarakt erforderlich; schuldrechtlicher und dinglicher Vollzug sind geregelt (lexlege.pl).
- Art. 1053: Der Erwerber tritt in Rechte und Pflichten des Erben ein (lexlege.pl).
- Art. 1055: Solidarische Haftung Erwerber/Veräußerer für Nachlassschulden gegenüber Gläubigern (lexlege.pl).
Praxis-Hinweis
Für Käufer attraktiv, weil die Rechtsnachfolge klar ist – allerdings mit Schuldentransparenz (solche Transaktionen verlangen eine saubere Gläubiger- und Haftungsprüfung).
England & Wales
Kein spezielles „Erbteilsverkaufs‑Gesetz“, aber…
Das beneficial interest des (Residuary-)Beneficiaries an einer noch zu verteilenden Estate ist ein „thing in action“ und kann schriftlich abgetreten werden. Section 136 Law of Property Act 1925 regelt die legal assignment (Schriftform, Unterzeichnung des Zedenten, Notifikation an den Schuldner/Trustee). In der Praxis erfolgt die Übertragung regelmäßig per Deed of Assignment (s. 136 Law of Property Act 1925).
Während der Nachlassverwaltung liegt die Rechtsmacht beim Personal Representative; der Erwerber eines Beneficial Interest hat keine Verfügungsgewalt über Nachlassgegenstände. Overreaching-Regeln schützen Dritte beim Grundstückskauf (Zahlung an zwei PRs/Trustees).
an einer noch zu verteilenden Estate ist ein „thing in action“ und kann schriftlich abgetreten werden. Section 136 Law of Property Act 1925 regelt die legal assignment (Schriftform, Unterzeichnung des Zedenten, Notifikation an den Schuldner/Trustee). In der Praxis erfolgt die Übertragung regelmäßig per Deed of Assignment (s. 136 LPA 1925).
Besonderheiten der Administration
Während der Nachlassverwaltung liegt die Rechtsmacht beim Personal Representative; der Erwerber eines Beneficial Interest hat keine Verfügungsgewalt über Nachlassgegenstände. Overreaching-Regeln schützen Dritte beim Grundstückskauf (Zahlung an zwei PRs/Trustees).
USA (Beispiel: Kalifornien)
Assignments sind zulässig, aber „gerichtlich reguliert“
In Kalifornien dürfen Erben ihre künftige Ausschüttung aus dem Estate abtreten/verkaufen. Probate Code § 11604 erlaubt dem Gericht jedoch, die Umstände und Gegenleistung zu prüfen und eine Verteilung zu verweigern oder Auflagen zu machen, wenn die Vergütung/der Preis „grotesk unangemessen“ ist oder Druck/Täuschung vorlag (Probate Code § 11604).
Spezialnorm für gewerbliche Aufkäufer
§ 11604.5 statuiert zusätzliche Form-, Offenlegungs- und Mitteilungspflichten für Transferees for value (gewerbliche Käufer). Bei Verstößen kann das Gericht die Verteilung abweichen oder zusätzliche Sanktionen verhängen (Probate Code § 11604.5).
Querabgleich: Was bedeutet das für die Praxis?
Form ist (fast überall) „Deal-Breaker“
Deutschland (Notar: § 2033 BGB; Erbschaftskauf: § 2371 BGB), Italien (Schriftform unter Nichtigkeitsdrohung: Art. 1543 c.c.), Polen (Notarakt: Art. 1052 KC), Frankreich (Art. 783 CC), Schweiz (Art. 635 ZGB), England (schriftliche Assignment + Notifikation: s. 136 LPA 1925), Kalifornien (schriftlicher Vertrag + gerichtliche Kontrolle/Anzeige: Probate Code § 11604).
Vorkaufs-/Eintrittsrechte der Miterben sind ein Preis- und Timing-Faktor
Deutschland (§ 2034 BGB), Frankreich (Art. 815‑14 CC), Spanien (Art. 1067 CC) geben Miterben das Schlusswort zu gleichen Konditionen. Käufer kalkulieren eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit ein, wenn der Preis „gut“ ist.
Stellung des Erwerbers variiert
Schweiz: Dritterwerber ohne Sitz am Teilungstisch; England: Erwerb eines Beneficial Interest ohne administrative Macht; Polen: volle Rechtsnachfolge, aber Haftungsdurchgriff; Deutschland/Italien/Spanien: Käufer tritt in eine laufende Auseinandersetzungs-/Indivisionslage mit den dortigen Schutzmechanismen.
Gerichtliche Kontrolle (Kalifornien) kann Deal-Ökonomie drehen
„Grossly unreasonable“ Fees/Preise kippen die Distribution; das zwingt zu marktgerechter Bepreisung und sauberer Transparenz.
Steuern & Gebühren
Jenseits der zivilrechtlichen Mechanik wirken Erbschaft-/Schenkungs-, Grunderwerb-, Stempel- oder Umsatzsteuern; die Tax-Folgenseite ist länder- und fallabhängig und sollte immer separat geprüft werden (z. B. Frankreichs BOFiP zu Cessions; in der Schweiz kantonale Erbschaftssteuern, ggf. Haftung des Zedenten für Altlasten).
Schneller Länder-Spickzettel
- DE: Notarielle Beurkundung; Vorkaufsrecht der Miterben beim Drittverkauf; keine Verfügung über Einzelgegenstände (§ 2033, §§ 2034 ff. BGB).
- CH: Schriftform; Drittzession gibt nur Auszahlungsanspruch, keine Mitwirkung; für Investoren „ruhiger“, aber weniger Steuerungsmacht (Art. 635 ZGB).
- FR: Cession = Annahme der Erbschaft; strenges Préemption-Regime in der Indivision + Fristen; Retrait litigieux im Streitfall (Art. 783, 815‑14, 1699 CC).
- ES: Verkauf der Erbschaft anerkannt; Eintrittsrecht der Miterben binnen 1 Monat (Art. 1531, Art. 1067 CC).
- IT: Eigene Sektion „Vendita di eredità“; Schriftform zwingend, eingeschränkte Garantie (Art. 1542, 1543 c.c.).
- PL: Erbschaft/Anteil nach Annahme veräußerbar; Notarakt; Erwerber tritt in Rechte/Pflichten; Solidarhaftung für Nachlassschulden (Art. 1051, 1052, 1053, 1055 KC).
- E&W: Assignment des Beneficial Interest (s. 136 LPA 1925); keine „Erbteil-Sondernorm“, aber klare Abtretungslogik (legislation.gov.uk).
- CA (USA): Assignment möglich, aber gerichtlicher Fairness-Check; besondere Disclosure-Pflichten für gewerbliche Käufer (§ 11604, § 11604.5).
Wichtiger Hinweis
Diese Übersicht ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall. Gerade bei grenzüberschreitenden Konstellationen (Wohnsitz des Erben ≠ Belegenheitsstaat von Immobilien ≠ Erbstatut) sind IPR‑Fragen, Steuern und lokale Verfahrensregeln entscheidend.
Wenn Sie Fragen zum Erbteilsverkauf im Ausland haben, dann nehmen Sie gerne mit uns Kontakt über unser Kontaktformular auf.